Amazon geht gegen kommerzielle Rezensionsanbieter vor

Amazon geht erstmals gegen bezahlte positive Rezensionen bei Amazon.com vor. Gegen vier Websites hat der Online-Versandhändler Klagen eingereicht. Betroffen sind BuyAzonReviews.com, BuyAmazonReviews.com, BayReviews.net und BuyReviewsNow.com.
Von den vier Betreibern ist jedoch nur einer namentlich bekannt, der Kalifornier Jay Gentile als Betreiber von BuyAzonReviews.com. Amazon konnte keinen Verantwortlichen für die drei restlichen Seiten ermitteln. In seiner Klage schreibt es: “Auch wenn es nur wenige sind, drohen diese Rezension das Vertrauen der Kunden und der großen Mehrheit an Händlern und Herstellern in Amazon zu unterminieren, was der Marke Amazon schadet.”
Seit 20 Jahren bilden Kundenrezensionen und das Bewertungssystem mit maximal fünf Sternen einen Grundpfeiler von Amazons Shop. Sie gelten als wertvolle Orientierungshilfe für Kaufentscheidungen. Solch ein System lädt allerdings zu betrügerischen Maßnahmen ein. Wie Amazon selbst mitteilt, investiere es viel Geld in automatische wie auch händische Kontrollen, um die Authentizität von mehreren hundert Millionen Rezensionen täglich zu gewährleisten und irreführende zu entfernen.
“Trotz umfangreicher Anstrengungen, diese Praxis auszurotten, entwickelt sich außerhalb von Amazon ein ungesundes Ökosystem für unechte Rezensionen”, heißt es in der Klageschrift. Amazon wollte den laufenden Rechtsstreit darüber hinaus nicht kommentieren.

Bayreviews.net und auch BuyReviewsNow.com sind aktuell nicht mehr abrufbar. Als erste berichteten GeekWire und die Seattle Times über Amazons Klage. Letztere zitiert Mark Collins, nach ihren Informationen Inhaber von BuyAmazonReviews.com: “Wir verkaufen keine falschen Rezensionen. Hingegen stellen wir vorurteilsfreie und ehrliche Rezensionen zu allen Produkten zur Verfügung, und das ist überhaupt nicht illegal.” Wie Geekwire dokumentiert, hat diese Site zudem ihre FAQ bereinigt.
Aus der Klage geht aber hervor, dass zumindest BuyAzonReviews.com nicht einmal ein Rezensionsexemplar des Produkts von Firmenkunden fordere. Es reiche auch eine leere Kiste oder ein Umschlag zu versenden, um Amazons Tracking-System auszutricksen. Es würden also “begeisterte Fünf-Stern-Rezensionen zu nie erhaltenen Produkten” verfasst. Auch die anderen drei Sites böten gegen Bezahlung ähnliche Rezensionen an. BuyReviewsNow.com verlange dafür einen Preis zwischen 80 und 600 Dollar je Produkt und abhängig von der Zahl der gewünschten Rezensionen.
Neben falschen Rezensionen wirft Amazon den Websites vor, seinen Namen sowie Logo missbräuchlich zu verwenden. Der Versandhändler fordert die Beendigung sämtlicher Aktivitäten, Informationen über alle erstellten falschen Rezensionen und Schadenersatz.
Amazon trägt mit seinem Produkttester-Angebot Vine jedoch selbst zu mehr positiven Rezensionen auf seiner Site bei. Der Konzern bestreitet eine solche Absicht. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bemängelt, dass manche Vine-Tester Stimmung für Produkte machen. Amazon zeichnet Vine-Rezensionen zwar als solche aus, dennoch ist intransparent, woher die Produkte stammen – und wie es Tester auswählt. Amazon spricht lediglich von “Verlagen, Studios, Herstellern oder Anbietern, die am Programm teilnehmen”. Beispielsweise hat die Fachzeitschrift Spielbox in Ausgabe 5/2014 Vine-Rezensenten von Brettspielen nachgewiesen, dass sie sich kaum mit dem Produkt beschäftigt hatten.
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]