Wikipedia macht Google-Löschanträge publik
Die Wikimedia Foundation, Herausgeber der Online-Enzyklopädie Wikipedia, hat ihren ersten Transparenzbericht veröffentlicht. Er beinhaltet auch Einzelheiten zu Löschanträgen, die Google im Hinblick auf Wikipedia-Artikel erhalten hat. Demzufolge hat der Internetkonzern insgesamt 57 Links zu Wikipedia-Inhalten aus dem Index seiner europäischen Suchmaschinen gelöscht.
Über 50 Löschanfragen beziehen sich auf Artikel der niederländischen Wikipedia-Ausgabe. Ferner wurden je zwei Verweise auf Beiträge in Italienisch und Englisch entfernt. “Wir wissen nicht, wer die Entfernung beantragt hat”, teilte die Wikimedia Foundation mit. “Uns sind Verfahren anderer Suchmaschinen oder Zahlen zu Löschanträgen, die sie erhalten und umgesetzt haben, nicht bekannt”, teilt die Wikimedia Foundation mit.
Die Stiftung hat den Transparenzbericht auch genutzt, um die von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales geäußerte Kritik am Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessen, welches die Basis für die Löschanträge darstellt, zu erneuern. “Menschen den Zugang zu relevanten und neutralen Informationen zu verweigern, widerspricht dem Ethos und den Werten der Wikimedia-Bewegung”, schreiben Geoff Brigham, General Counsel der Wikimedia Foundation, und seine Kollegin Michelle Paulson in einem Blogbeitrag.
Da es für Suchmaschinen nicht obligatorisch sei, betroffene Websites über die Entfernung von Verweisen in Kenntnis zu setzen, hätten andere Suchmaschinen Links – womöglich ohne Wissen der Wikimedia Foundation – aus ihren Ergebnislisten gestrichen. “Das Fehlen transparenter Richtlinien und Verfahren ist nur einer von vielen Fehlern in dem europäischen Urteil”, heißt es weiter in dem Blogeintrag.
Das Urteil des EuGH “untergräbt die Möglichkeit, online frei auf akkurate und überprüfbare Berichte zuzugreifen”, kritisierte The Next Web zufolge Lila Tretikov, Executive Director der Wikimedia Foundation. Der EuGH habe seine Verantwortung abgegeben, dass EU-Bürger in der Lage seien, Informationen zu suchen und zu erhalten. Sie warnte zudem vor “Gedächtnislücken”, wenn es möglich sei, “unbequeme Informationen” einfach entfernen zu lassen. “Als Folge verschwinden akkurate Suchergebnisse in Europa, ohne echte Beweise, ohne rechtliche Überprüfung und ohne Einspruchsmöglichkeit.”
Der EuGH hatte im Mai entschieden, dass Suchmaschinen unter bestimmten Umständen personenbezogene Suchergebnisse löschen müssen. Google hat das Urteil zwar ebenso kritisiert, gleichzeitig jedoch auch versucht, die Anweisungen des Gerichts umzusetzen. Bis zum 18. Juli sind eigenen Angaben zufolge 91.000 Löschanfragen eingegangen, die Bezug auf über 328.000 Websites nehmen. Bislang entfernt Google Links nur in seinen europäischen Suchmaschinen – über Google.com lassen sich die Inhalte daher weiterhin abrufen.
Zudem sieht der Internetkonzern zu Einzelheiten der Entscheidung offenbar noch erheblichen Diskussionsbedarf. Ende Juli forderte Google seine Nutzer auf, bis zum 11. August Stellungnahmen und Fachbeiträge zu Fragen rund um das Urteil einzureichen. Sie sollen von Googles Experten-Beirat geprüft werden. Unter anderem geht es Google um eine Definition der Verantwortungsbereiche von Suchmaschinen, Datenschutzbehörden, Websitebetreibern und Einzelpersonen. Es will zudem klären, ob die Öffentlichkeit ein Recht hat, Details zu den Löschanträgen zu erfahren.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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