Kostenlose SCHUFA-App soll bei der Wohnortbewertung helfen

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SCHUFA Wohnkompass

Die Auskunftei SCHUFA mit dem “Wohnkompass” ihre erste App vorgelegt. Sie ist zunächst Android-Geräte (ab Version 2.2 des Betriebssystems) bei Google Play und für iOS-Nutzer bei iTunes kostenlos verfügbar. Ziel ist es, Nutzern einen schnellen und einfachen Zugang zu Informationen über den aktuellen oder zukünftigen Wohnort zu bieten. Dazu stellt sie Informationen zum Wohnumfeld in einer bestimmten Gegend zur Verfügung.

SCHUFA
Mit dem SCHUFA Wohnkompass lässt sich etwa die Altersstruktur einer Wohngegend analysieren (Bild: SCHUFA).

Mit der App Wohnkompass möchte die SCHUFA eigenen Angaben zufolge Personen ansprechen, die gerade auf Wohnungssuche sind und dafür “Informationen und Entscheidungshilfe bezüglich der potenziell neuen Nachbarschaft und Wohnsituation” haben möchten – oder eben Verbraucher, die sich über ihr aktuelles Umfeld informieren möchten.

Dafür lassen sich für eine Wohngegend bestimmte Bereiche auswählen, die dann auf einer Umgebungskarte angezeigt werden. Nutzer haben zudem die Möglichkeit, per Schieberegler die Relevanz der Merkmale zu gewichten. Das funktioniert etwa beim Alter, der Lebensphase, dem Anteil der Wohnungen oder Häuser, der Wohnlage und dem Straßentyp sowie der Gebäudeart. Außerdem zeigt die App Informationen die Versorgungslage an – also unter anderem welche Ärzte, Supermärkte, Kindergärten, Schulen, Apotheken, ÖPNV-Haltestellen, Grünanlagen, Banken und in der Nähe sind.

Manche Nutzer werden sich dadurch mit Grausen an die 2008 für Aufregung sorgende Website Rottenneighbor.com erinnert fühlen. Auf dem Webportal sollten sich Nutzer ebenfalls vor einem Umzug über die Bedingungen in der angepeilten Wohngegend informieren können. Der Haken an der Sache: Dort konnten Mitglieder der Rotten-Neighbor-Community Markierungen auf die entsprechenden Orte einer Karte setzen und so das Verhalten bestimmter Nachbaren bewerten – was sich dann durch Kommentare noch ausführen ließ. Auch der Upload von “Beweisfotos” und “Beweisvideos” war möglich.

Die Absicht des aus den USA stammenden Betreibers war es eigenen Angaben zufolge, “das wachsende Sicherheitsbedürfnis der Menschen am Immobilienmarkt zu befriedigen”. Das funktionierte so jedoch nicht: Rasch wimmelt es von Eintragungen, in denen von asozialem Verhalten, Promiskuität und Ehebruch, lauten Feiern bis zum Sonnenaufgang und ähnlichem die Rede war. Der Betreiber musste daher die Möglichkeit einfügen, Markierungen wieder zu entfernen, war von Deutschland aus zeitweise nicht zu erreichen und wurde von Rechtsexperten gleich aus mehreren Gründen als rechtswidrig, strafbar und schadenersatzpflichtig eingestuft.

SCHUFA Wohnkompass Berechtigungen
Die App hält sich bei der Anforderung von Berechtigungen tatsächlich sehr zurück (Screenshot: ITespresso).

Die SCHUFA betont wohl daher auch, dass die Informationen von der Firma Infas Geodaten GmbH oder Google Maps geliefert werden. Für die Darstellungen in der App würden keine Informationen aus dem SCHUFA-Datenbestand genutzt. Außerdem umfasse ein “Zielgebiet” durchschnittlich 400 Haushalte. Es sei daher nicht möglich, Rückschlüsse auf einzelne Haushalte oder Personen zu ziehen. Auch als Werkzeug zur Datenerhebung will die SCHUFA das Tool nicht missverstanden wissen: Sie erklärt, es würden keine personenbezogene Daten aus der Nutzung der App gespeichert, auch den aktuellen Standortes des Nutzers will man nicht orten.

Zusätzlich zur Wohnumfeldanalyse bietet die App die Möglichkeit, direkt eine aktuelle Bonitätsauskunft zu bestellen. Diese wird laut SCHUFA von vielen Vermietern angefragt. Weitere Produkte werden folgen – zunächst wohl einmal den Anfang machte inzwischen die iOS-App, die nur noch auf die Freischaltung wartet.

Beim Ausbau des Angebots ist allerdinsg Vorsicht geboten. Im Juni 2012 musste die Auskunftei auf öffentlichen Druck hin ein Forschungsprojekt abbrechen, bei dem es darum ging, Finanz- und Adressdaten mit solchen aus dem Web zu verknüpfen und zur Bewertung der Kreditwürdigkeit heranzuziehen. Die SCHUFA verteidigte es als “reine Grundlagenforschung”.

Durchgeführt werden sollte es gemeinsam mit Potsdamer Hasso-Plattner-Institut. Auslöser der Aufregung über das noch in den Kinderschuhen steckende Projekt war ein Bericht des NDR, wonach eines der Ziele der Zusammenarbeit gewesen wäre, Daten aus Facebook, Twitter und anderen Sozialen Netzwerken heranzuziehen – womit sich etwas zugespitzt formuliert, Facebook-Einträge auf die Bonität auswirken könnten.

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