Autonomes Auto beginnt mit Testfahrten in Ulm
Professor Klaus Dietmayer vom Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik der Universität Ulm hat mit seinem Team eine serienmäßige Mercedes-Limousine zu einem automatisierten Fahrzeug umgebaut: Das Auto kann ohne Eingriffe eines Lenkers die Geschwindigkeit regulieren und selbstständig die Spur halten. Demnächst soll es dann auch in Parklücken manövrieren können.
Mit einer Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums rollt das Erprobungsfahrzeug der Wissenschaftler ab über Straßen in Ulm. Das erforderliche Sicherheitskonzept ist kürzlich vom TÜV abgenommen worden. “Obwohl das Fahrzeug eigenständig durch den Stadtverkehr manövrieren wird, sind immer noch zwei geschulte Sicherheitsfahrer an Bord, die zum Beispiel bei Fehlfunktionen eingreifen können”, erklärt Dietmayer.
Kameras, Radar- und Lasersensoren erfassen die Umgebung des Autos. Auf Basis der Sensordaten analysieren in das Fahrzeug integrierte Rechner die Verkehrssituation und planen sinnvolle Handlungen des Autos. Zur Ausführung steuern sie Gas, Bremse sowie Lenkung an. Weitere, davon unabhängige Sensoren überprüfen kontinuierlich den Fahrzeugzustand. Der Autofahrer kann per Knopfdruck beziehungsweise durch Betätigung des Gas- oder Bremspedals jederzeit selbst die Kontrolle übernehmen.
Ähnliche Versuche haben Experten der TU Braunschweig mit ihrem Forschungsfahrzeug Leonie bereits 2010 durchgeführt. Der VW Passat Variant 2.0 TDI fuhr damals über den Braunschweiger Stadtring. Via Satellitenortung berechnete der Wagen seine Position im Straßenverkehr. Verschiedene Laserscanner und Radarsensoren sorgten dafür, dass er sein Umfeld wahrnehmen und in einem eingebauten Rechner laufend analysieren konnte, um dann entsprechend darauf zu reagieren.
Vor zwei Jahren stellte eine Team der Freien Universität Berlin im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten AutoNOMOS Labs ebenfalls ein Konzept für ein autonomes Auto vor. Die Berliner haben mit der Fernsteuerung von Fahrzeugen mit einem iPhone angefangen. Ihr Fahrzeug – ebenfalls ein VW – ist wie sein Braunschweiger Pendant mit Sensortechnologie ausgerüstet und kann sich auf Grundlage der ausgewerteten Daten selbstständig in alltäglichen Verkehrssituationen zurechtfinden, wie eine Erprobungsfahrt im September 2011 zeigte.
Die Ulmer sind also vergleichsweise spät dran. Als dramatisch schätzt Dietmayer den Verzug jedoch nicht ein – schließlich sei es noch ein langer Weg bis hochautomatisierte und vollständig sich selbst steuernde Fahrzeuge Verkehrssituationen korrekt einschätzen und entsprechend reagieren: “In ungefähr 20 bis 30 Jahren können wir uns von unserem Fahrzeug bedenkenlos zum Stadtbummel chauffieren lassen. Auf Autobahnen und Landstraßen wird automatisiertes Fahren schon früher zur Routine. Viele Automobilhersteller arbeiten daran”, so Dietmayer.
In Ulm geht die Arbeit daran auch bei driveU, einem gemeinsamen Innovationszentrum der Daimler AG und der Uni Ulm weiter. Dessen Schwerpunkt sind die Verbesserung der maschinellen Wahrnehmung und das “Verstehen” von Situationen durch das Fahrzeug.
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