Google Chrome OS + Smartphone = Aus für RIM?
Was würden Sie von einem Smartphone halten mit Chrome OS als Betriebssystem? Chrome OS ist Googles web-basiertes Betriebssystem, das am 15. Juni seine Premiere auf Amazon.com und im Best Buy-Onlineshop feiern wird, und zwar auf Notebooks von Samsung und Acer.
Ich kann mir schon lebhaft vorstellen, wie die Marketing-Kampagne für ein solches Produkt aussehen könnte: »Telefonierst Du noch oder Chromest Du schon?«
Auf der Webseite Street.com hat Anton Wahlman, der früher als Sell-Side-Analyst im Kommunikationssektor tätig war, die Auffassung vertreten, dass der Suchmaschinengigant ein Google-Handy auf den Markt bringen wird und dass die Basis für ein solches Smartphone Chrome OS sein wird, nicht Android.
Smartphones in der Cloud
Nehmen Sie doch schnell mal Platz in meiner Zeitmaschine. Sie erinnern sich bestimmt daran, dass im Januar 2010 Google das von HTC gefertigte Nexus One vorstellte, das ohne Sim-Lock und mit einem T-Mobile-Handyvertrag erhältlich war. Das Gerät wurde ausschließlich über das Internet vertrieben.
Das Nexus One hat damals neue Handy-Horizonte erschlossen, wurde aber schnell als Smartphone für Entwickler abgestempelt.Wahlmans Äußerungen weisen jedoch in eine andere Richtung. Seiner Ansicht nach wird Google die Cloud-Philosophie, die hinter Chrome OS steckt, Verified-Boot-Prozess und Schnellstart-Option eingeschlossen, auf das Handy übertragen. Der Grund?
Das Plus an Sicherheit, das die Cloud-Technologie mit sich bringt. Bei den aktuellen Android-Smartphones können Apps direkt auf dem Gerät installiert werden. Daher sei, argumentiert Wahlman, ein Cloud-basiertes Betriebssystem wie Chrome, bei dem Applikationen ausschließlich in der Cloud existierten, sicherer. Er merkt an:“Ein solches Gerät hätte nur zwei Softwarekomponenten – das Betriebssystem und einen einzigen zugelassenen Browser. Das Betriebssystem betrachtet den Browser jedoch als quasi feindselige Anwendung und lässt keine Veränderungen am Betriebssystem zu, darin eingeschlossen die Installation von Applikationen auf dem Handy.
”Analog zu den Notebooks, die mit Chrome OS ausgeliefert werden, würde ein Chrome OS-Smartphone weniger Arbeitsspeicher, weniger Speicherplatz und weniger Rechenleistung benötigen.
Theoretisch könnte Google die „Hardware-Hüllen“ auf dem Markt einführen; sie wären leicht ersetzbar, da die Daten der Benutzer in der Cloud gespeichert sind.
Das Todesurteil für RIMs BlackBerry Enterprise Server?
Dieses Modell würde, so Wahlmann, das Aus für Research In Motions BlackBerry Enterprise Server bedeuten, da Chrome OS als einfachere Management-Konsole dienen könnte für den Gerätezugriff, Browseraktivitäten und für die Verwaltung von Nutzerkonten und Geräten.
Interessante Theorie. Google hatte damals versprochen, dass Chrome OS nur für Computer im Clamshell-Format gedacht sei, und doch basteln die Google-Entwickler nun, wie wir wissen, an Chrome OS-Tablets herum. Weshalb nicht auch ein Handy?Ich glaube, zu einem Preis von 99 US-Dollar (zirka 70 EUR) oder weniger könnten solche Smartphones durchaus ihre Käufer finden, wobei Google zusätzlich auf Finanzierung durch Werbeeinblendungen setzen könnte. Das wäre ein attraktiver Preis für diejenigen Verbraucher, die keine Lust mehr haben, 200 US-Dollar (zirka 140 EUR) oder mehr für ein voll internetfähiges Handy auszugeben. Aber ist dies ausreichend für die Mobilfunkunternehmen, die auf ihre Margen bei Smartphones nicht verzichten wollen?
Wahlman glaubt, dass Google ein reines VoIP-Handy plant und Google Voice und Google Talk dabei eine zentrale Rolle spielen. Na ja. Das letzte Mal, als Google versucht hat, den Mobilfunkmarkt mit einem ähnlichen Konzept auf den Kopf zu stellen, hat sich nur T-Mobile darauf eingelassen; die Marktführer hatten dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Aber wenn Google sich dafür entscheiden würde, sein eigenes Breitbandnetz aufzuziehen, sozusagen als Ableger von Google Fiber, dann müsste Google auf die Mobilfunkkonzerne keine Rücksicht mehr nehmen. Ich sag’ ja nur.
Wahlman hat seine Argumente, die man hier nachlesen kann, auf vier Seiten dargelegt. Ich könnte mir ein solches Produkt schon vorstellen, aber nur dann, wenn den Notebooks, die demnächst mit Chrome OS ausgeliefert werden, auch ein gewisses Maß an Erfolg beschieden ist. Ich würde gerne Ihre Meinung dazu hören – glauben Sie, dass es einen Markt gibt für ein solches Gerät?