Ratgeber: Videoüberwachung im Büro
Egal ob der Chef prüfen will, ob seine Mitarbeiter während der Arbeitszeit private Mails schreiben oder Angestellte beim Abteilungsleiter die Aktenschränke durchwühlen, am Ende steht man meist vor einem Scherbenhaufen, denn von Verletzung der Privatsphäre bis zum Datenschutzverstoß hat man alle erdenklichen Spielregeln im Betrieb verletzt. Doch es geht auch anders. Selbst das sensible Thema Videoüberwachung im Büro kann für alle Beteiligten verträglich ablaufen.
Es muss dabei gar nicht immer um die Überwachung der Mitarbeiter gehen. Eine Kamera kann beispielsweise in der Nacht die Büros überwachen, wenn die Mitarbeiter längst ihren Feierabend genießen. Das ist für alle Unternehmen eine Option, die keinen Wachdienst im Gebäude haben. In vielen Firmen schlummern auf den Servern und den PCs der Mitarbeiter viele wertvolle Informationen. Statt sich aufwändig durch Firewalls zu hacken, können Datendiebe einfach die rustikale Art wählen und die Büros komplett leer räumen. Überwachungssysteme können das unter Umständen verhindern. Auf jeden Fall aber zeichnen sie die Geschehnisse vor Ort auf und schlagen Alarm.
Die Rechtslage
Einfach Kameras aufstellen und losfilmen geht in der Regel nicht. Die Ausnahme: Selbständige oder Freiberufler, dürfen natürlich eine Kamera in ihrem Einzelbüro installieren und müssen auch niemanden um Erlaubnis fragen. Doch Vorsicht: Tabu sind gezielte Filmaufnahmen von Dritten. Wenn also auf dem Bild die gemeinsame Kaffeeküche zu sehen ist, die man sich mit anderen Freiberuflern teilt, dann ist die Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Bürokollegen programmiert. Hier drohen sogar hohe Schadenersatzforderungen – also lieber Vorsicht walten lassen.
Doch nicht alles ist verboten: Erlaubt ist die sogenannte offene Videoüberwachung, wenn man betriebliche Interessen schützen möchte. Beispiel: Ein Laden für Computer-Zubehör darf den kompletten Verkaufsraum mit Videokameras überwachen lassen, wenn er einen gut sichtbaren Hinweis auf die installierten Videokameras anbringt. Versteckte Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist dagegen verboten.
Anders sieht es im sogenannten nicht-öffentlichen Raum aus. Damit sind etwa die klassischen Bürogebäude gemeint, in denen sich hauptsächlich die Angestellten aufhalten. In einem Betrieb darf momentan noch eine geheime Überwachung erfolgen, aber nur wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat am Arbeitsplatz bestehen. Nicht einfacher macht es der Gesetzgeber durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Arbeitgeber beachten müssen. Die Überwachung muss demnach geeignet, erforderlich und angemessen sein. Wichtig: Sie muss erstens räumlich auf einen bestimmten Bereich der Arbeitsplätze beschränkt sein und darf zweitens nur zeitlich begrenzt stattfinden. Genau dieser Passus der geheimen Überwachung ist im neuen Gesetzentwurf nicht mehr enthalten. Geheime Videoüberwachung soll es dann überhaupt nicht mehr geben.
Betriebsrat und Mitarbeiter informieren
Für viele Fälle, wenn man etwa den Nachtwächter durch eine IP-Kamera ersetzen will, braucht man aber gar keine geheime Überwachung. Eine einfache Regel lautet: Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser zuerst informiert werden und der Überwachung zustimmen. Gibt es in der Firma keinen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber die Mitarbeiter direkt informieren, am besten schriftlich. Wichtig: Es muss einen Grund zur Überwachung geben, etwa Qualitätskontrolle oder Sicherung von Anlagen oder Computern. Unzulässig ist die Überwachung in Betriebsräumen, die überwiegend der privaten Lebensgestaltung von Mitarbeitern dienen, etwa Kaffeeküchen oder Umkleideräumen. Ebenfalls wichtig: Generell gilt in Deutschland, dass es verboten ist, zusätzlich zum Bild auch noch den Ton aufzuzeichnen.
Ohne eingeschalteten PC funktionieren Webcams nicht – für professionelle Ansprüche muss es daher schon eine IP-Kamera sein. Diese Geräte arbeiten eigenständig und übertragen die Bilder ins Internet, sie haben nämlich einen kleinen Webserver eingebaut, den man schon für die Konfiguration via Web-Interface nutzen kann. Später kann man sich als Nutzer dann auch mit der Webadresse der Kamera verbinden und sich Live-Bilder ansehen. Aber das kann schnell langweilig werden, denn wer will schon stundenlang auf verlassene Büroräume starren? Deshalb gehen die IP-Kameras proaktiv vor: Taucht ein Objekt im Bewegungssensor auf, dann wird ein Ereignis ausgelöst. Hier unterscheiden sich die IP-Kameras zwar in der Ausstattung, aber meist gibt es Alarmfunktionen per SMS oder Mail. Doch keine Angst, nur weil man nicht sofort reagiert, verpasst man nichts: Die Kameras zeichnen die Bilder in unterschiedlichen Formaten auf und streamen sie ins Internet oder speichern sie automatisch auf NAS-Laufwerken.
Ein paar aktuelle IP-Kamera-Modelle mit den wichtigsten Features:
Airlive WL-350HD
Nur rund 120 Gramm schwer und mit 104 x 63 x 35 Millimetern sehr kompakt tritt die Airlive WL-350HD auf. Die kleine Überwachungskamera hat Sensoren für die Bewegungserkennung eingebaut. Tritt eine Person ihren Umkreis, nimmt die Kamera 15 Bilder pro Sekunde auf (SXVGA-Auflösung 1280×1024 Pixel). Reicht auch VGA, dann sind 30 Bilder pro Sekunde möglich. Videos gehen per FTP und HTTP auf die Reise. Alarme samt Foto verschickt die rund 250 Euro teure IP-Kamera per Mail.
Die Kamera dockt wahlweise via WLAN oder Fast Ethernet ans Netzwerk an und hat einen Webserver eingebaut. Über diesen wird sie auch konfiguriert. Power-over-Ethernet beherrscht das Gerät aber nicht, so dass auf jeden Fall eine Steckdose in der Nähe sein muss. Eigene LEDs leuchten einen Bereich von 5 Metern auch in absolut dunklen Umgebungen aus.
D-Link DCS-1130
Auch die DCS-1130 macht bei der Überwachung des Büro eine gute Figur. Sie klinkt sich in WLAN-Netzwerke (N-Standard) ein und hat einen eigenen Webserver eingebaut. Bei der Kamera stehen 16facher Digital-Zoom, automatische Video-Kompression (MPEG4) und Live-Videostreams auf 3G-Endgeräte auf der Haben-Seite. Mehr als VGA-Auflösung, also 640×480 Pixel, ist aber leider bei der Videoaufnahme nicht drin. Dafür schreibt die Kamera ihre Daten auch direkt auf Netzwerkfestplatten und löst manuell ebenso aus wie per Zeitschaltung oder über Bewegungserkennung. Die IP-Kamera ist für rund 180 Euro zu haben.
LevelOne FCS-0030
WLAN beherrscht die LeveOne FCS-0030 nicht, trotzdem ist sie für Sicherheit rund um die Uhr bestens geeignet. Der progressive Megapixel Sensor zeichnet bis zu 1280×800 Pixel auf, zur Wahl stehen die Formate H264, MPEG4 und MJPEG. Die eingebauten LEDs sorgen für gut aufgelöste Bilder auch bei absoluter Dunkelheit. Mit dem eingebauten Bewegungssensor werden Menschen, Tiere und Bewegungen von Gegenständen, etwa Fahrzeuge erkannt. Sie können die Videoaufnahme auslösen. Highlight: Das Gerät besitzt einen Karteneinschub für Micro-SD-Speicherkarten. So kann auch bei ausgefallener Netzwerkverbindung die Aufzeichnung weitergehen. Rund 200 Euro muss man für die Kamera derzeit einplanen.
Mit Fernsteuerung
Eine eigene Nische bei den IP-Kameras besetzen die Modelle mit PTZ-Ausstattung (Pan, Tilt, Zoom). Sie können diese Kameras also schwenken, neigen und den Zoom anpassen. Die Edimax IC-7000PTn V2 (rund 150 Euro) ist so ein Gerät. Sie wird über WLAN an ein Netzwerk angebunden und zeichnet in MPEG4 und MJPEG auf und dreht um 355 Grad horizontal und neigt sich 120 Grad vertikal. Steht keine Netzwerkverbindung bereit, zeichnet die Kamera auch auf SD-Karte auf.
Mit rund 420 Euro spielt die Vivotek PT3122 nicht nur preislich in einer anderen Liga. Sie kann zur Überwachung vorbestimmter Bereiche automatisch Schwenken, Kamerapositionen speichern oder eine Positionsabfolge abrufen. Sie verwendet MPEG4 und löst 704 x 576 Pixel auf.
Fit für rauhe Umgebungen
Wind und Wetter können Outdoor-Kameras wie der eneo GLC-1701 nichts anhaben. Dank wettergeschütztem Gehäuse und der perfekt abgestimmten Montagehalterung bleiben Feuchtigkeit und Staub draußen. Die Kabelführung ist verdeckt, sprich Vandalen müssen schon das komplette Gerät aus der Wand reißen, um an das Netzwerkkabel und die Stromversorgung zu kommen. Auch die Outdoor-Modelle von Axis kommen mit wetterfesten Gehäuse (Schutzklasse IP66) daher. Das Modell P3343-VE zum Beispiel kann mehrere H264-Streams bereitstellen und arbeitet von -40 bis +55 Grad Celsius.