Schlechtes Vorbild für Unternehmer: Datenspitzel bei der Bahn
Angeblich soll der Arbeitgeber DBAG heimlich 173.000 Mitarbeiter überprüft, ausgespäht und bespitzelt haben, meldet der Tagesspiegel. Eine vergleichsweise monströse Tat, waren das doch immerhin 72 Prozent der damaligen Belegschaft. Das sei eine Rasterfahndung gewesen, schimpfte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix.
In der Privatwirtschaft würde für so ein Vergehen wohl der gesamte Vorstand fliegen. Immerhin fordern Politiker schon den Rücktritt von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn. Doch es handelt sich hier um einen Staatskonzern, wo die Uhren anders ticken, was schon das Telekom-Beispiel zeigte. So lässt die Bahn schon mal verlauten, das eigene Vorgehen sei »rechtlich nicht zu beanstanden, unabhängig von der Zahl der überprüften Mitarbeiter«, denn man habe ja alles nur getan, um die Korruption etwas einzudämmen.
Wieder waren die Telekom-Schnüffler im Einsatz
Der Anti-Korruptionsbeauftragte des Staatskonzerns, Wolfgang Schaupensteiner, gab gestern im Bundestags-Verkehrsausschuss zu, dass die ganze Affäre ein größeres Ausmaß habe als ursprünglich angenommen. Vergangene Woche war nur von 1.000 Fällen die Rede. Aber einen »Spitzel- und Ausspähskandal« will die Bahn nicht zugeben. Das sei maßlos übertrieben.
Ironie an der Geschichte: Die Bahn setzte für die Ausforschung der eigenen Mitarbeiter den selben Dienstleister ein wie seinerzeit die Telekom: Network Deutschland. Code-Name für das heimliche Spionieren: Babylon. Und dann gab es noch Rubens, eine Aktion, bei der Festplatten von Mitarbeitern kopiert und Büros unauffällig durchsucht wurden. Dabei wurden sogar private Bankbewegungen, Reisen, Familienverhältnisse und die im Internet besuchten Seiten registriert, heißt es im Prüfvermerk der Berliner Datenschützer.
Kritik auf breiter Front
Politiker kritisierten auf breiter Front die Bahn, nannten die Vorgänge ein Skandal, zumal der Vorstand direkt zuständig war für die Konzernsicherheit. Die Firmenleitung habe damit »abgrundtiefes Misstrauen gegen die Mitarbeiter« gezeigt, merkte zum Beispiel FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich an. Der Verkehrsausschuss will am 11. Februar seine Befragung fortsetzen. Zudem wolle der Aufsichtsrat einen Ausschuss bilden, der die Sache intern klären soll. (Ralf Müller)
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