GNU Public License 3 ist daAlles neu bei Open Source

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DRM: “Tivoisierung” ausschließen

GNU Public License 3 ist da

OpenSource-Software zu nutzen und zu verändern ist juristisch kein Kinderspiel. Unternehmen, die damit arbeiten, müssen Vieles beachten, jetzt noch mehr als zuvor: Seit dieser Woche ist die GPLv3-Lizenz der Free Software Foundation (FSF) für freie Software da. Sie regelt vor allem DRM und Patenrecht neu.

Als die FSF im Jahre 1989 die erste GPL herausbrachte, hieß Informationstechnologie noch EDV. Von einer globalen Nutzung Freier Software oder von Application- Service-Providern, die Web-Dienste online zugänglich machen, war noch keine Rede. Auch hat die GPL zunehmend wirtschaftliche Bedeutung und rechtliche Anerkennung erlangt. So bestätigte das Landgericht München I am 19.Mai 2004 eine einstweilige Verfügung gegen ein Unternehmen, das gegen die GPLv2 verstoßen hat.

Mit zahlreichen Änderungen und Erweiterungen in der GPLv3 will die Free Software Foundation den veränderten rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen gerecht werden. Unumstößlich die Grundprinzipien Freier Software: Jeder Nutzer darf freie Software betreiben, ihren Quellcode studieren, verändern und weiter vertreiben, auch kommerziell. Die GPLv3 will aber noch stärker absichern, dass kein Glied in der Kette plötzlich sagen kann: “Ätsch, alles meins!”

In den Entwürfen zur GPLv3 lange Zeit kontrovers diskutiert: Digital Rights Management beziehungsweise “Digital Restriction Management”, wie es noch in der Präambel der ersten Diskussionsgrundlage hieß. “Tivoization” soll es in Zukunft nicht mehr geben können. Gemeint ist TiVo, eine in den USA verbreitete Festplatten-Set-Top-Box des gleichnamigen Herstellers. Er nutzt Software-Komponenten, die unter der GPL-Lizenz stehen. Also können User die Software verändern – nicht aber laufen lassen. Das verhindert die Hardware des TiVo. In der Version 3 werden Unternehmen wie TiVo unter diesen Umständen keine GPL-Software mehr nutzen können.

Abkommen Microsoft und Novell abgesegnet

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Änderungen gibt es auch im Patenrecht. Abkommen wie zwischen Novell und Microsoft wären nun verboten. Wer nach dem 28.3.2007 eine solche Vereinbarung trifft, darf seine Software nicht unter der GPLv3 vertreiben. Die beiden Branchenriesen sind davon aufgrund des Datums aber nicht mehr betroffen.


(Bild: Microsoft-Boss Steve Ballmer blickt herab)

Eigentlich besteht die Vision, eines Tages die Software-Lizenzen vollkommen abzuschaffen – dies ist auch eine Forderung von Johannes Sommer von der Initiative Patentfrei, die sich allgemein gegen Software-Patente einsetzt.

In einem offenen Brief kritisiert Kevin Carmony, CEO von Linspire das Thema Patente und DRM. Nun können Linux-Distributionen keine proprietären Komponenten mehr anbieten. Aber: Desktop-User wollen proprietäre Software, denn sie wollen geschützte DVDs abspielen, betont er. Um Desktop Linux einer breiteren Öffentlichkeit nahe zu bringen, sei es notwendig, mit Technologien von Apple, ATI, IBM, Microsoft, nVidia, Sony und anderen zu kooperieren, so Carmony.

Weitere Änderungen: Geeinigt hat sich die Community der Freien Software auf eine Kompatibilität mit anderen freien Software-Lizenzen, zum Beispiel mit Apache. Nun können Entwickler unter der Apache-Lizenz stehenden Code in GPL-Projekten benutzen. Ein Vorteil, so Werner Koch, Entwickler des freien Kryptografiesystems GnuPG (GNU Privacy Guard) gegenüber IT im Unternehmen.

Wurde die GPLv2 vor dem US-Rechtshintergrund geschrieben, liegt nun der Fokus auf der internationalen Akzeptanz. Internationalisierung gibt es auch im Vertrieb von Software: Wenn eine Software über das Netz zum Unternehmen kommt und nur auf den Servern eines Application-Service-Providers läuft, dann muss der ASP diese Quellen offen legen. Festgelegt ist dies in der Affero General Public Licence.

Wer sollte umstellen? Beide GPLs nicht kompatibel!

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Linus Torvalds, eifriger Kritiker der Diskussionsgrundlagen von GPLv3, mittlerweile aber halbwegs ausgesöhnt, schreibt in einer E-Mail, dass für ihn die v2 die bessere Lizenz sei. Er hält die “Tivoisierung” für akzeptabel. Torvalds sieht einen Migrationsgrund für den Linux-Kernel, wenn Sun OpenSolaris unter die GPLv3 stellen würde.

GPLv2 und GPLv3 sind nicht kompatibel, die 2er-Version bleibt aber gültig. Unbedingt umstellen muss man nicht, so Richard Stalman, Gründer des GNU-Projektes, in seinem Essay “Why upgrade to GPLv3“. Einen Migrationsgrund sieht er zum Beispiel dann, wenn die Software DRM und “Tivoization” anspricht.

Software-Häuser, die sich mit DRM und Patenten beschäftigen, müssen sich aber mit der GPLv3 beschäftigen, betont Rechtsanwalt Dr. Jaeger vom “Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software” (ifross) gegenüber IT im Unternehmen. Auch sollte man wissen, dass beide Lizenzen nicht so einfach kombiniert werden dürfen: In einem Gesamtprogramm darf kein Code aus beiden Lizenz-Versionen miteinander verknüpft werden. “Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die GPLv3 in der Praxis bewähren wird.”

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