DSL ohne TelefonDSL-Preisrutsch, aber keine Lawine

BreitbandNetzwerke

Hohe Grundgebühren

DSL ohne Telefon

Die Preise für DSL-Flatrates fallen seit Jahren, ebenso die Minutentarife für die Festnetztelefonie. Bisher relativ konstant geblieben sind jedoch die Grundgebühren: Bei der Telekom kommen monatlich mindestens 16 Euro für einen analogen Telefonanschluss sowie 17 Euro für den günstigsten DSL-Zugang zusammen. Das sind bereits 33 Euro, ohne dass auch nur eine Minute telefoniert wurde oder ein Byte über die Leitung geflossen ist. ISDN-Kunden zahlen noch einmal 8 Euro mehr, insgesamt 41 Euro Grundgebühr. Dafür bekommt man bei der Konkurrenz oft schon ein Komplettpaket inklusive DSL- und Telefonflatrate.

Telekom senkt Preise

Doch nun kommt Schwung in den Markt: Zunächst kündigte die Deutsche Telekom höhere Reseller-Rabatte von 28 bis 47 Prozent auf ihre DSL-Leitungen an. Für einen DSL-6000-Zugang zahlen Wiederverkäufer dann nur noch 11,50 Euro, was ihnen mehr Spielraum und Konkurrenzfähigkeit gegenüber Providern einräumt, die ihr eigenes Leitungsnetz betreiben. Die Telekom will so die Abwanderung der T-DSL-Kunden bremsen und sich wenigstens die Einnahmen an der Grundgebühr sichern. Dieser Schritt ist längst überfällig: Telekom-Angaben zufolge hat das Unternehmen allein im ersten Halbjahr 2006 eine Million Kunden an andere Netzbetreiber verloren.

Nachlass für Privatkunden

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Daher will Vorstandschef Kai-Uwe Ricke auch Preisnachlässe für Privatkunden gewähren. Anfang August kündigte er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Breitbandanschluss mit Telefonflat für unter 40 Euro an. Die neuen Tarife zeigen, dass dieses Versprechen allerdings nicht umgesetzt wurde: Mit 50 Euro liegt das entsprechende DSL-2000-Komplettpaket Call & Surf Comfort deutlich darüber und ist somit etwas teurer als die Konkurrenz beispielsweise von Arcor oder Versatel. Dennoch wird diese etwas zaghaft ausgefallene Preisoffensive den Wettbewerb beleben – es bleibt abzuwarten, wann die Mitbewerber mit neuen Schnäppchen kontern.

Einen weiteren Preisdruck nach unten könnte die Trennung von Telefon- und DSL-Zugang bewirken. In einem aktuellen Beschluss verpflichtet die Bundesnetzagentur die Deutsche Telekom, ihren Großkunden einen Bitstromzugang zur Verfügung zu stellen. Dadurch könnten Wiederverkäufer wie 1&1 und Freenet Privat- wie auch Firmenkunden schon bald DSL-Pakete ohne Festnetzanschluss anbieten, entweder als reinen Internetzugang oder in Kombination mit VoIP-Telefonie.

Von diesem Schritt würden auch Voice-over-IP-Anbieter wie Sipgate oder Nikotel profitieren, die bereits seit längerem eine Entbündelung von Telefon- und DSL-Anschluss fordern: Experten prophezeien dadurch einen großen Schub für die Internet-Telefonie bei Privatkunden. Denn wer ohnehin einen Telefonanschluss bezahlen muss, sieht keinen Anlass für einen Umstieg auf VoIP.

Dass durch die Entbündelung allerdings die volle Telefon-Grundgebühr eingespart wird, darf bezweifelt werden: Die Investitionen in die Infrastruktur müssen so oder so über den Grundpreis refinanziert werden. Firmen wie Arcor oder Versatel zahlen alleine für die Miete der so genannten letzten Meile an die Telekom 10,65 Euro pro Anschluss. Hinzu kommen Kosten für den eigenen Netzausbau. Zum Vergleich:QSC und Broadnet bieten schon länger einen reinen DSL-Anschluss an -bei rund 40 Euro für eine DSL-2000-Flatrate allerdings ohne Ersparnis gegenüber Komplettanschlüssen der Konkurrenz.

Entbündeln ohne Sparen

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Ganz neu bewirbt Freenet eine Kombination aus DSL- und VoIP-Zugang ab 20 Euro, ohne dabei einen Telefonanschluss vorauszusetzen (https://pos.free net.de/freenetKomplett/app). Das klingt zunächst gut: Auf Basis des QSC-Netzes in 48 Regionen verfügbar, gibt es als Hardware eine Fritzbox Fon dazu. Erster Haken ist die lange Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. Zweiter Haken: Eine DSL-Flatrate gibt es nur in Verbindung mit einer Telefonflatrate, für DSL 1000 kommt diese Kombination bereits auf 40 Euro. Versatel-Kunden zahlen für ein solches Paket nur 35 Euro, erhalten dafür sogar DSL 2000 und einen echten ISDN-Anschluss. Letzterer ist gegenüber VoIP hinsichtlich Ausfallsicherheit und Notruffunktion die bessere Wahl.

Ebenfalls einen reinen Bitstream-Zugang offeriert Hansenet mit Alice Light: Bei einer Downloadbandbreite von 4 MBit/s kommt der zeitbasierte Tarif auf 20 Euro pro Monat, jede Minute auf 1,2 Cent extra. Inklusive DSL-Flatrate sind 30 Euro fällig. Auch hier fällt die effektive Ersparnis durch den Verzicht auf einen Telefonanschluss gering aus: Ein Analog-Anschluss kostet nur 2 Euro extra, ISDN nur 4 Euro. Ein wenig spart man dadurch nur auf lange Sicht: Pro Jahr 24 beziehungsweise 48 Euro. Positiv ist die vierwöchige Kündigungsfrist ohne Mindestlaufzeit.

Lieber mehr Leistung

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Andere DSL-Provider werden diesen Beispielen folgen, große Preissenkungen sind aber nicht zu erwarten. Vielmehr wird versucht, das Preisniveau zu halten und Angebote durch höhere Bandbreiten und Zusatzleistungen aufzuwerten. Die Triple-Play-Angebote von 1&1 und Hansenet (Alice Deluxe mit Alice Home TV) sind ein Beispiel dafür.

Wer einen Kabelanschluss besitzt und im Ausbaugebiet wohnt, erhält etwa bei Kabel Deutschland einen Breitbandzugang mit Flatrate ab 20 Euro – bei 512 kBit/s Downstream. 2,2 MBit/s kosten 30 Euro, allerdings inklusive Telefonanschluss übers Kabel.

Dass viele Kunden bereit sind, auf einen Festnetzanschluss zu verzichten, zeigt die von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie
»E-Communications Haushaltsumfrage« vom Juli: Demnach haben 11 Prozent der deutschen Haushalte keinen Festnetzanschluss, sondern telefonieren nur per Handy. VoIP-Zugänge ohne Grundgebühr mit entbündelten DSL-Zugängen werden die Zahl der Festnetzanschlüsse weiter dezimieren: Für Nur-Handy-Nutzer bietet Vodafone DSL 2000 mit Flatrate bereits für 35 Euro an. Mobilfunkbetreiber O2 hat zusammen mit Telefonica für den Herbst ein ähnliches Angebot angekündigt.

DSL flächendeckend

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Laut dem aktuellen Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums ist in etwa 1500 von 12 657 deutschen Gemeinden aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen noch kein DSL verfügbar. Internet über Breitbandkabel kommt als Alternative oft nicht in Frage, da es in ländlichen Gebieten ebenfalls kaum vorhanden ist. Auch Funktechnologien wie WiMax sind auf wenige Ortschaften beschränkt, und DSL über Satellit ist sehr teuer. Letzteres will der Satellitenbetreiber Astra ab Anfang nächsten Jahres ändern: Mit einer 70-cm-Schüssel soll der Dienst Astra2Connect einen entsprechenden Zugang kostengünstig auch in abgelegenen Regionen ermöglichen. Der Vertrieb soll über lokale Reseller erfolgen. Astra ist derzeit mit verschiedenen Providern in Gesprächen.

Auf diese potenziellen Kunden, denen DSL bisher verwehrt blieb, hat aber auch die Deutsche Telekom ein Auge geworfen. Gegenüber dem »Spiegel« versprach Telekom-Vorstand Kai-Uwe Ricke, dass bis zum Jahr 2012 für jeden Bürger in Deutschland ein DSL-Zugang verfügbar sein soll.

Der eigentliche Hintergrund ist jedoch die mit Einsparungen verbundene Umstellung des Telefonnetzes auf moderne IP-Technik, wodurch die lückenlose Versorgung erst möglich wird. Verbunden mit der Umrüst
ung zum weniger personalintensiven IP-Netz ist laut Ricke jedoch auch ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland.

PC Professionell rät

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Die Telekom hat ihre längst fälligen und großmundig angekündigten Preissenkungen leider nur zur Hälfte umgesetzt. Treibende Kraft im Markt bleibt weiterhin die Konkurrenz. Nicht zuletzt dank kommender Entbündelung wird der Verbraucher künftig zwischen vielfältigen Paketen wählen können – ob mit oder ohne Festnetz, Handy oder IP-TV. Bei der Wahl des Anbieters ist vor allem eins wichtig: Achten Sie auf kurze Vertragslaufzeiten, damit Sie neue, interessantere Angebote auch kurzfristig wahrnehmen können.

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