Kopfhörer mit Geräuschfilter
Aktive Geräuschminimierung

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Active Noise Reduction

Kopfhörer mit Geräuschfilter

Wie groß die Sehnsucht nach ein bisschen Stille auch im Westen ist, dokumentieren proppenvolle Wellness-Seminare und Meditationszentren, in denen sich stressgeplagte Menschen in der Kunst üben, ohne klingelnde Handys und schrille Katastrophenmeldungen zu sich zu finden. Diese Stille kann eine noch wenig bekannte Technik für Kopfhörer zwar nicht bieten. Dafür ist ihre Wirkung messbar. Ihr Name lautet ANR und Flugzeugpiloten nutzen sie schon lange.

Lärmauslöschung
ANR bedeutet »Active Noise Reduction« und steht für einen ebenso genialen wie einfachen physikalischen Trick, bei dem Lärm durch Lärm ausgelöscht wird. Diese Technik war lange Zeit sehr teuer. Mittlerweile steht sie in Form von durchaus bezahlbaren und optisch ansehnlichen Kopfhörersystemen jedermann zur Verfügung.
Das Arbeitsprinzip solcher Geräusch reduzierender Kopfhörersysteme besteht darin, die störenden Umweltgeräusche mit Mikrofonen an der Außenseite der Hörkapseln aufzunehmen, elektronisch zu spiegeln (zu invertieren) und zusammen mit dem Nutzsignal, zum Beispiel der Musik, auf die innen liegenden Hörmembranen zu übertragen. Am Trommelfell treffen der Lärm von außen und das Mischsignal aus dem Hörer als Schall zusammen. Der Anteil am Schall aus dem Kopfhörer, der von den invertierten Störgeräuschen stammt, verläuft aber im Wechsel der Schallwellen genau spiegelbildlich zu den ursprünglichen Störgeräuschen und hebt sich deshalb mit diesen auf. Das Nutzsignal, in unserem Beispiel die Musik, bleibt übrig.
Leider können auch Kopfhörer mit aktiven Geräuschreduzierungssystemen den störenden Lärm nicht komplett eliminieren. Zum einen besitzt jeder Mensch eine andere innere und äußere Ohrform, so dass nur eine im Labor durchgeführte genaue Anpassung eine komplette Neutralisation erlauben würde. Zum anderen überträgt auch der Schädelknochen den Lärm zum Trommelfell, und diesen Anteil kann kein Kopfhörer beeinflussen.

Lärm schlucken

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Gute aktive Systeme können dennoch ordentlich Lärm schlucken auch zu erschwinglichen Preisen. Immerhin senkt das beste unter den vier getesteten Modellen, das PCX 300 von Sennheiser, das Außengeräusch um 7,8 dBr (Dezibel mit R-Filter gemessen). Das bedeutet eine Reduzierung der empfundenen Lautstärke um circa 80 Prozent, allerdings nur in den bedämpften Bereichen. Am schwächsten fiel der Effekt beim In-Ohr-Kopfhörer HN060 von Philips aus. Seine Elektronik vermindert den Lärm lediglich um 0,5 dBr (von 3,5 auf 3,7 dBr). Dieser Effekt ist kaum hörbar. Dass auch dieses Modell spürbar den Lärm reduziert, liegt an der relativ hohen passiven Dämmung durch den Stöpsel.

Bild:
Das Modell K 28 NC von AKG zeichnen der beste Frequenzgang unter den Testkandidaten und ein gutes Design aus. Preislich liegt es im Mittelfeld.

Geräuschreduzierung

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Eine hohe passive Dämmung ist allerdings gerade auf Reisen eher hinderlich, denn in vielen Reisesituationen ist man auf Geräusche aus der Umwelt angewiesen, zum Beispiel auf Durchsagen. Außerdem wird man schnell als unhöflich oder autistisch abgestempelt, wenn man Gesprächsversuche mangels Wahrnehmung ignoriert. Solche Probleme hat man mit dem K 28 CN von AKG nicht. Seine passive Dämmung ist mit 0,44 dBr sehr gering. Bei eingeschalteter Active Noise Reduction erreicht er hingegen 3,1 dBr immerhin eine Halbierung der Lautstärke.
Ein gemeinsames Merkmal aller vier Systeme ist die selektive Wirkung der aktiven Geräuschreduzierung. Der gewünschte Effekt stellt sich bevorzugt bei tiefen Tönen und Rauschen ein. Stimmen und mittlere bis hohe klare Töne werden nur gering beeinflusst. Keine Hilfe also für geplagte Mütter! Kinderquengeln bleibt ungefiltert. Vielleicht zeigen sich deshalb viele Käufer in Foren enttäuscht über die Wirkung. Die Messungen beweisen aber: Typischer Reiselärm, das Rauschen lauter Computer und der Lärm stark befahrener Straßen wird deutlich bis stark gedämpft.

Bild: Der HN060 von Philips ist nicht nur für die Reise geeignet, sondern auch zum Shoppen und Bummeln. Er fällt am wenigsten auf.

Stromverbrauch

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Der Lärmschutzeffekt tritt übrigens bei sämtlichen Testkandidaten auch dann ein, wenn die Kopfhörer an keinerlei Tonquellen angeschlossen sind. Das Außengeräusch wird davon unabhängig aufgenommen, invertiert und nach innen weitergegeben. Lediglich das bei allen Systemen im eingeschalteten Zustand leise Grundrauschen kann ohne überlagernde Musik etwas stören.
Die Kopfhörer haben prinzipbedingt neben dem Grundrauschen noch ein paar andere Nachteile. An erster Stelle steht der Stromverbrauch. Alle vier Modelle benötigen Batterien, das Modell von Sennheiser sogar zwei. Zwar stehen alle einen langen Flug von über zehn Stunden mit einem Batteriesatz durch, recht viel mehr aber auch nicht. Ist die Batterie leer, ist auch die elektronische Geräuschdämmung weg. Auf die Musik verzichten muss dennoch niemand. Alle vier arbeiten ohne Batterie oder im ausgeschalteten Zustand wie normale Kopfhörer.

Bild: Trotz kleinem Preis bietet der Philips SBC HN110 eine erstaunlich gute Geräuschredu-zierung. Dafür ist er etwas größer und schwerer als die Konkurrenz.

Druck auf die Ohren

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Subjektiv empfinden manche Menschen den Reduzierungseffekt als unangenehmen Druck auf die Ohren, weil er akustisch dem Effekt ähnelt, der beim Flugzeugstart oder bei der schnellen Seilbahnfahrt durch einen zu langsamen Druckausgleich im Innenohr entsteht. Physikalisch gesehen handelt es sich aber um zwei völlig verschiedene Effekte.
Für eine ausreichende Wirkung sind auf den Ohrmuscheln aufsitzende oder sogar die Ohren ganz bedeckende Hörkapseln nötig. Professionelle Systeme, zum Beispiel die Sprechsets für Piloten, besitzen deshalb voluminöse Hörkapseln mit einer zusätzlichen dicken passiven Dämmung. Sie umschließen die Ohren fast luftdicht. Große Kopfaufbauten stehen andererseits der Reisetauglichkeit entgegen. Einen guten Kompromiss für Reisende ohne professionellen Anspruch stellen deshalb die getesteten mittelgroßen Klappkonstruktionen dar.

Bild: Spitzengeräuschreduzierung und Spitzendesign haben auch einen Spitzenpreis: Der Sennheiser PCX 300 kostet 220 Euro.

Mechanik

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Die Gelenke und Scharniere sind konstruktionsbedingt die mechanischen Achillesfersen. Von den Testkandidaten macht das große Philips-System den stabilsten Eindruck, da es außer einer robusten Gabelkonstruktion an den Hörern keine Klappmechanismen besitzt. Es ist allerdings auch das schwerste und voluminöseste im Testfeld. Die beiden leichteren und kleineren Systeme von Sennheiser und AKG besitzen zwar relativ robuste Klappscharniere, aber pro Hörkapsel auch je ein filigranes Schwenkgelenk.
Da beim In-Ohr-Hörer von Philips gar kein Bügel vorhanden ist, droht ihm auf Reisen auch kaum Schaden. Für den sicheren Halt sorgt eine robuste Umhängekordel. Die beiden Ohrstöpsel sind allerdings nicht für jeden Menschen geeignet. Durch die integrierten Außenmikrofone fallen sie deutlich umfangreicher aus als normale In-Ohr-Hörer. Für kleine Kinderohren eignen sie sich daher überhaupt nicht. Auch manche Frauen könnten Probleme mit einem guten Sitz der Hörkapseln haben.
Bei den Klappmodellen ist ein dicht anliegender Sitz für eine gute Lärmdämmung a
ußerordentlich wichtig. Schlecht sitzende Hörer klingen nicht nur schlecht. Bei mangelnder Abdichtung kann der neutralisierende Schallanteil auch keinen ausreichenden Gegendruck zum Außenschall aufbauen. Er verpufft regelrecht.

Testwerte

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Der Frequenzgang liegt bei drei der vier Testmodelle im Argen. Lediglich der Hörer von AKG erreicht mit 4,6 dB Abweichung am Kunstkopf eine gute Qualität. Alle anderen verfehlen mit Werten von 12,5 dB (Philips HN060), 13,74 dB (Sennheiser PCX 300) und sogar satten 19,98 dB (Philips SBC HN110) Abweichung das Klassenziel deutlich. Besonders der Bass schwächelt bei sämtlichen Prüflingen. Beim Klirrfaktor liegt hingegen nur das In-Ohr-System von Philips mit 2,4 Prozent bei 200 Hz über der Vorgabe von maximal 1 Prozent.

Durch die In-Ohr-Bauweise nimmt der HN060 von Philips nicht nur den geringsten Platz im Gepäck ein er ist als Einziger auch für das unauffällige Tragen auf der Straße geeignet. Von allen Modellen wirkt das Sennheiser-System PCX 300 am elegantesten. Es benötigt allerdings als Einziges im Testfeld gleich zwei Batterien für den Betrieb.

Bei der aktiven Geräuschreduzierung (Active Noise Reduction, ANR) schnitt der Sennheiser mit circa 80 Prozent Lautstärkenreduzierung für Außengeräusche am besten ab. Die einzelnen Werte: 3,1 (AKG K 28 NC), 3,7 (Philips HN060), 7,1 (Philips SBC HN110) und 7,8 dBr (Sennheiser PCX 300).

Bezieht man den Preis in die Betrachtung mit ein, so ist der Philips SBC HN110 das Modell der Wahl für alle, die nach rein sachlichen Kriterien möglichst viel für ihr Geld wollen.

Fazit

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Sieger nach Punkten ist das System von Sennheiser. Seine Geräuschminderung ist verblüffend wirksam; Material und Design sind hochwertig ein Hightech-Schmuckstück.
Eine besondere Zielgruppe bedient das In-Ohr-System von Philips. Es ist das einzige im Testfeld, das durch seine In-Ohr-Bauweise auch im Alltag beim Bummeln und Shoppen getragen werden kann, ohne aufzufallen. Dank des taschengeldkompatiblen Preises stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis, trotz der geringen aktiven Geräuschreduzierung und einer schwächelnden Tonqualität.

AKG mit hoher Tonqualität

Der Kopfhörer von AKG liegt in der Summe der Messwerte an zweiter Stelle hinter dem Sennheiser. Seine Tonqualität ist die höchste im Testfeld, die Geräuschminderung allerdings die schwächste. Das AKG-Design ist kaum weniger elegant als das des PCX 300, der Preis jedoch nur halb so hoch. Auch hier stimmen Leistung und Preis.
Dass eine gute Geräuschreduzierung durchaus günstig zu kriegen sein kann, beweist der SBC HN110 von Philips. Die Tonqualität ist zwar nur Mittelmaß, seine Geräusche reduzierende Wirkung aber fast so hoch wie die des Sennheiser-Systems. Dazu kommt, dass die Hörkapseln als einzige unter den Testkandidaten die Ohren außen umschließen und sich deshalb auch für Menschen mit druckempfindlichen Ohren eignen. Eine Argument ist auch der erstaunlich niedrige Preis eine gute Wahl für sparsame Langflieger.
Natürlich ersetzt noch so raffinierte Technik keine Minute Meditation. Wer mit ihrer Hilfe aber zum Beispiel auf einer Reise von der profanen Stille aus der Dose entspannt ein gutes Buch liest, statt genervt aus dem Fenster zu starren, den streift ja vielleicht tatsächlich der Atem Buddhas.

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