Neue Pläne vom Chip-Krösus
Intel-Wunderland
Innovationen aus dem Silicon Valley
Neue Pläne vom Chip-Krösus
Eine Woche vor der Cebit versammelte Intel tausende Hard- und Software-Entwickler in San Francisco auf dem Intel Developer Forum (IDF), um sie mit kommenden Techniken vertraut zu machen. Neben den unausweichlichen Themen Dual-Core-CPUs und Virtualisation) war das IDF für eine Fülle weiterer Techniktrends gut.
So gab es einen kleinen Wohnzimmer-PC zu sehen, der alle Anwesenden schlagartig an Apples Mac Mini erinnert. Kaum größer als eine CD, mit einem Slot-in-DVD-Brenner und allem, was einen richtigen PC ausmacht, zeigt sich der scherzhaft »Intel Mini« getaufte Prototyp.
Im Unterschied zum sehr leisen Mac Mini setzt Intel nicht auf eine Desktop-CPU, sondern verbaut die kommende Generation der Pentium-M-Notebook-CPUs (Codename Yonah). Diese CPU erzeugt weniger Abwärme als die hochgezüchteten Desktop-Prozessoren aus dem eigenen Haus und kann so die Nerven der Anwender schonen. Schließlich sieht Intel die kleine Box in erster Linie im Wohnzimmer und nervige Lüftergeräusche sind das Letzte, was hier erwünscht ist.
Kraft der zwei Kerne
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Neben dem Einsatz in Wohnzimmer-Rechnern soll Yonah hauptsächlich für mehr Performance in der für Anfang 2006 erwarteten Notebook-Plattform namens Napa sorgen. Wie alle neuen Intel-CPUs hat auch der im 65-Nanometer-Prozess gefertigte Yonah zwei Prozessor-Kerne und soll so vor allem dann mehr leisten, wenn mehrere Anwendungen zugleich auf die CPU zugreifen.
Intel demonstrierte dies mit herkömmlichen, heute bekannten Anwendungen: Zeitgleich zur MP3-Wiedergabe musste der Rechner einen Videoclip encodieren. Das MP3-File kam auf einem aktuellen Centrino-Notebook mit Dothan-Prozessor während der CPU-intensiven Video-Berechnung ins Stottern, der Yonah-Rechner meisterte die Aufgabe dagegen ohne Probleme. Schließlich konnte jede der Anwendungen auf einen eigenen Prozessorkern zugreifen.
Mit welchem Takt der Neue dabei später zu Werke geht, ist noch unbekannt. Auf zwei sehr frühen Demo-Geräten waren jedenfalls Frequenzen von 1,46 und 2 GHz zu sehen. Deutlich schneller dürfte der Prozessor auch nicht werden, da sonst Energieaufnahme und Abwärme nicht mehr Mobil-PC-tauglich wären. Helfen würde dann nur noch die erste Flüssigkühlung für Notebooks, die Hitachi auf dem IDF zeigte. Bis zu 100 Watt Verlustleistung soll das System bewältigen aktuelle Dothan-CPUs geben lediglich ein Drittel davon ab.
Wie aus Intel-nahen Kreisen zu hören war, soll Yonah hauptsächlich in Desktop-Ersatz- und Gamer-Notebooks zum Einsatz kommen. Für schicke und flache Sub-Notebooks dürfte der Prozessor gleich bei welcher Taktfrequenz zu viel Abwärme erzeugen, zumal Anwender von solch kleinen Modellen ohnehin keine überbordende CPU-Performance erwarten. Lange Akkulaufzeit steht hier wesentlich weiter oben auf der Wunschliste.
Von daher scheint klar, dass Yonah-Notebooks parallel zu den aktuellen Single-Core-Geräten in den Handel kommen. Übrigens: Ein offizielles Ende der Lebenszeit des ersten Centrino-Pakets mit Banias-CPU will Intel nicht bekannt geben. Offenbar sind große Kunden wie IBM und Dell mit der Akkulaufzeit der aktuellen Dothan-Geräte nicht zufrieden, so dass der Chiphersteller den Ur-Vater noch eine Weile als Strom sparende Alternative weiter im Programm hat.
Optimiert an allen Ecken und Enden
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Interessant ist, wie Intel das Problem der unterschiedlichen Auslastung der Kerne in den Griff bekommen will. Zwar arbeiten beide Kerne mit dem heute bekannten Powermanagement Enhanced Speedstep. Zusätzlich überwacht eine Technik namens Dynamic Power Coordination (DPC) aber permanent beide Cores. Das ist notwendig, da beide über ein und dieselbe Quelle mit Spannung versorgt sowie getaktet werden. So kann der untätige Kern nicht in den höchsten Stromsparmodus (Deeper Sleep, C4-State) wechseln, während der andere noch beschäftigt ist. Erst nachdem auch der andere Kern seine Aufgaben erledigt hat, schickt DPC beide Cores schlafen.
Mooly Eden, der Entwickler des ursprünglichen Pentium M, ist sich sicher, dass Yonah wegen des ausgereiften Energiemanagements genauso viel Energie verbrauchen soll, wie die aktuellen Pentium-M-Prozessoren (Dothan-Kern). Angesichts der deutlich höheren Anzahl an Transistoren von Yonah wäre das eine beachtliche Leistung.
Endlich alle Leinen los
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Während Wireless LAN (IEEE 802.11) längst so gebräuchlich ist wie Notebooks, stehen andere Funktechniken gerade erst in den Startblöcken. Geht es nach Intel, wird die von einem Konsortium entwickelte Wimax-Technik (IEEE 802.16) der erste weltweit einheitliche Standard für drahtlose Breitbandinternetzugänge. Mit Wimax sollen sich ganze Innenstädte mit einem bis zu 50 MBit/s schnellen Internetzugang versorgen lassen. Wimax kann im Punkt-zu-Punkt-Modus aber auch bis zu 50 Kilometer entfernte Gebäude oder Dörfer, in denen es selbst keine verkabelten Breitbandzugänge gibt, mit etlichen Megabit pro Sekunde versorgen.
Um die Verbreitung des Standards voranzutreiben, plant Intel die Wireless-LAN-Module der Centrino-Plattform ab 2006 zusätzlich Wimax-tauglich zu machen (Codename Golan). Entsprechende Basisstationen, die parallel zu den heute weit verbreiteten GSM-Funkbasen installiert werden, hat das Unternehmen ebenfalls im Angebot.
Ebenfalls binnen zwölf Monaten will das von Intel geförderte Wimedia-Forum mit USB- und Firewire-Kabeln Schluss machen. Wireless USB und Wireless 1394 (Firewire) basieren beide auf der Funktechnik Ultrawide-Band (UWB) und versprechen die heute bekannten Datenraten von USB 2.0 (480 MBit/s) und Firewire (400 MBit/s). Die Funksignale reichen allerdings nur wenige Meter weit. Und Hindernisse wie Wände sind darüber hinaus Gift für die Verbindung.
Noch sind die Funkmodule so groß wie eine Tafel Schokolade und tragen sperrige Antennen. Laut Vertretern des Wimedia-Forums werden die Module aber in den nächsten Monaten derart klein, dass sie auch in Digitalkameras passen und ohne Antennenstummel auskommen.
WLAN eng vermascht
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Auch in Sachen WLAN gibt es Neuigkeiten: Der IEEE 802.11s genannte Funkstandard definiert, wie sich Wireless-LAN-Geräte in so genannten Mesh-Networks verhalten. In Mesh-Networks müssen WLAN-Clients wie Notebooks, PDAs oder zukünftig auch DVD-Player und Kühlschranke nicht zwingend über einen zentralen Access-Point (AP) kommunizieren. Vielmehr entscheiden sie selbstständig, ob eine direkte Verbindung zum gewünschten Partner nicht besser, da schneller ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der AP ausgelastet ist oder aber sehr weit weg und somit nur mit einer verminderten Datenrate zu erreichen.
Am interessantesten ist bei Mesh-Networks jedoch, dass jeder Client gleichzeitig als eine Art Basisstationen dienen kann und so ein selbst organisierendes Netz entsteht. Somit ist bei entsprechend vielen Clients ein prinzipiell unendlich großes Funknetz mit nur einem einzigen Internetzugang möglich: Die Clients leiten die Datenpakete ihrer in Funkreichweite befindlichen Kollegen solange weiter, bis die Daten einen Access-Point mit Internetzugang finden.
Da der Standardisierungsprozess von 802.11s gerade erst begonnen hat, müssen sich Mesh-Fans noch eine ganze Weile gedulden: Vor 2007 ist nicht mit marktreifen Produkten zu rechnen.
Centrino tiefer gelegt
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Ähnlich futuristisch mutete eine andere Demonstration auf dem IDF an. Noch-CEO Craig Barrett, der den Chefsessel im kommenden Mai an Paul Ottelini abgibt, präsentierte das wohl schnellste Centrino-Notebook der Welt: Die aus der MTV-Serie »Pimp my Ride« bekannten Schrauber von West Coast Customs fuhren einen
hoch motorisierten, pechschwarzen Chrysler in die Halle.
Im bis zum Geht-nicht-mehr aufgemotzten Cabrio steuert ein unter dem Fahrersitz verborgenes Centrino-Notebook nicht nur das Entertainment-System. Vielmehr empfängt es obendrein noch die Bildsignale von mehreren Kameras, die anstatt Rück- und Seitenspiegel für Umsicht sorgen sollen, und stellt die Bilder auf mehreren TFT-Displays im Inneren dar. Dank WLAN ist die diskotaugliche Stereoanlage auch per PDA fernsteuerbar. Damit nicht genug, zeigt der Pocket PC auch Bilder an, die eine im Auto montierte Webcam per WLAN verschickt Diebstahlsicherung im Stile von PC-Freaks. Barrett meinte allerdings, dass er gar nicht immer wissen wolle, was sich während seiner Abwesenheit in seinem Auto abspielt.