Venture Kapital
Deutschland braucht Geld und Innovationen

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Venture Kapital

Risikokapital ist grundsätzlich vorhanden. Das beweisen die Auslandsaktivitäten der deutschen Unternehmen und das in 2004 gestiegene Investitionsvolumen. Aber die tatsächlich im Kalenderjahr getätigten Investitionen waren rückläufig. Finanzexperten machen sich Sorgen über die wachsende Zurückhaltung, Verbände beklagen die Versäumnisse der Politik und fordern mehr Innovationshilfen.

Renditesorgen

Allein beim Venture Capital Panel (www.vcpanel.de), das rund 40 Investoren umfasst, wurden im letzten Quartal nur noch 84 Millionen Euro in neue Technologie-Unternehmen investiert. Besonders die Erstinvestitionen gingen deutlich zurück. Deren Begründung: Deutschland sei als Standort für Hightech-Investitionen nicht mehr genügend attraktiv. Risikokapital-Experten wie Tobias Janssen, CEO von Goldfish Holdings Inc. sehen die Sache allerdings differenzierter: ?Zwar gelingt nur etwa einem Drittel der Startup-Unternehmen das Kunststück, sich mit ihrer Idee erfolgreich am Markt durchzusetzen. Aber der Erfolg hängt auch von Expertise und Unterstützung des Investors ab. Wir finden in Deutschland viele fruchtbare Ideen, die erst mit der richtigen Betreuung zum Erfolg werden.?

280 Millionen Euro

Insgesamt haben deutsche Investoren im vorigen Quartal rund 280 Mio. Euro in Risikokapital-Beteiligungen investiert, das VC Panel macht davon rund 30 Prozent aus. Als Grund für die Zurückhaltung werden allgemein geringe Chancen angesehen, die international üblichen Renditen von 15 Prozent mit Investitionen in Deutschland zu erwirtschaften. Hinzu kommen branchenspezifische Restriktionen, etwa die mangelnde Wettbewerbssituation im Telekommunikationsmarkt oder die teilweise restriktive rechtliche Umgebung im Bio-Bereich. Auch die Steuergesetze sind in Deutschland nicht dazu angetan, Unternehmensgründungen zu fördern; Steuerentlastungen und Steuervorteile für den Invest in jungen Unternehmen und auch den Exit sehen zum Beispiel in Großbritannien deutlich günstiger aus. Sogar Frankreich konnte den bürokratischen Aufwand für Unternehmensgründungen deutlich reduzieren.

?Es gibt in Deutschland eine ganze Reihe kluger Köpfe. Doch die strukturellen Mängel am Wirtschaftsstandort Deutschland führen zu dem Brain Drain vor allem Richtung USA, den wir seit Jahren beobachten können. In Amerika ist Venture Capital kein Fremdwort. Wir setzen darauf, das Potenzial deutscher Forscher mit der Erfahrung und Leistungsfähigkeit des amerikanischen Kapitalmarktes zu vereinigen,? erläutert Tobias Janssen.

Die attraktivsten Marktsegmente für Risikokapital sind Biotechnologie, Telekommunikation, Medizintechnik und ITK. Dabei käme es nicht auf die Größe des Unternehmens an, sondern nur auf die richtigen marktfähigen Ideen.

Bitkom stellt politische Forderungen

Für die verstärkte Förderung von Innovationen und neuen Technologien sprach sich jüngst auch der IT-Verband BITKOM aus. Gerade um Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland dauerhaft zu sichern, sollte die Innovationsförderung als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen werden. ?Das Thema Innovation gehört nicht nur in die Parteiprogramme, es gehört in die Verfassung?, bekräftigte BITKOM-Präsident Willi Berchtold (www.bitkom.org).
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien zog damit Bilanz aus zehn Jahren IT-Politik und zahllosen Innovationsprogrammen. Kritisiert werden die Schwächen Deutschlands bei der Modernisierung des öffentlichen Sektors, bei der Reform des Bildungswesens, der Forschungsförderung und der Mittelstandspolitik. Der Staat müsse seine Verantwortung bei der technologischen Modernisierung des Landes stärker wahrnehmen, unabhängig von Parteien und Fraktionen.

Nach Ergebnissen der aktuellen BITKOM-Studie ?Daten zur Informationsgesellschaft? liegt Deutschland bei der Hightech-Ausstattung im internationalen Vergleich in einigen zentralen Feldern zurück. Die Folge: Neue Geschäftsmodelle verbreiten sich in Deutschland langsamer als anderswo. In Deutschland ist der Markt für Online-Inhalte wesentlich schwächer entwickelt als in anderen Ländern Europas. 204 Mio. Euro wurden im vergangenen Jahr hier zu Lande mit Online-Musik, Online-Spielen, Online-Videos und Online-Publikationen umgesetzt. In Italien waren es 216 Mio. Euro und in Frankreich sogar 235 Millionen Euro. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben liegen auch Briten und Spanier vor den Deutschen.

Die öffentliche Hand müsse künftig eine zentralere Rolle beim Einsatz moderner Technologien spielen, forderte Berchtold. Damit könne der Staat als Impulsgeber für neue Märkte dienen und einen Beitrag zu den Exporterfolgen der deutschen Industrie leisten. Zu den Projekten, die stärker vorangetrieben werden müssten, gehören seiner Ansicht nach Jobcard, digitaler Polizeifunk, Modernisierung der Bundeswehr-IT und die elektronische Verwaltung, also E-Government. ?Wir fordern keine Subventionen. Wir fordern den modernen Staat?, betont Berchtold.

Nach Verbands-Ansicht werde eine besser entwickelte Infrastruktur in Verbindung mit einer ressortübergreifenden Technologie-Politik das Wachstum vorantreiben. ?Die ITK-Industrie kann ein Plus von fünf Prozent pro Jahr erreichen, wenn die Politik für ein innovationsfreundliches Umfeld sorgt?, zeigt sich Berchtold optimistisch. In einem ?10-Punkte-Programm? schlägt BITKOM unter anderem vor, die Forschungsförderung und die Finanzierungsbedingungen für innovative Mittelständler zu verbessern. Neue Abgaben lehnt der Verband ab. Zum Beispiel Urheberabgaben auf PC-Systeme, Rundfunkgebühren für Handys, zusätzliche Auflagen für Telekommunikationsfirmen und längere Abschreibungsfristen für betrieblich genutzte Software. Das summiere sich auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. ?Solche Auflagen bremsen das Wachstum und verhindern, dass die Jobmaschine wieder anspringt,? kritisiert der Präsident.

Michael Müller, Wirtschaftssenator des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW, www.bvmwonline.de) reagierte skeptisch auf die Forderung der BITKOM, die Innovationsförderung als Staatsziel aufzunehmen. ?Wir brauchen eher einen Minimalstaat, weniger Regulierung und nicht noch so eine Innovationsoffensive der Bundesregierung, die im vergangenen Jahr total ins Leere lief,? fordert Mittelständler Müller, Geschäftsführer des Neusser IT-Dienstleisters www.ao-services.de .

Fallbeispiel Webroot

Webroot Software, Hersteller von Anti-Spyware, hat sich von einem Investorenkonsortium 108 Mio. Dollar Venture Capital an Bord geholt. Das Geld soll dem Softwareunternehmen helfen, die Entwicklung seiner Anti-Spyware-Technologie voranzutreiben, berichtet das Wall Street Journal (WSJ). Webroot will laut CEO David Moll mithilfe der Kapitalspritze durch die Eröffnung von internationalen Geschäftsstellen außerdem seine Präsenz erhöhen und den Vertrieb stärken.

Die Millionen kommen für das 1997 gegründete Unternehmen mit 165 Mitarbeitern, das es sonst schwer gehabt hätte, sich auf dem Markt als ernst zu nehmende Größe zu halten, zum richtigen Zeitpunkt. Die Spyware-Bedrohung hat bereits große Softwareunternehmen wie Microsoft und Symantec auf den Plan gerufen, die mit Konkurrenzprodukten punkten wollen. In den vergangenen Monaten interessierten sich immer mehr Privatkunden, Unternehmen und der Gesetzgeber für bessere Lösungen zur Beseitigung des Spyware-Problems.

Nach Berechnung der Marktforscher von IDC http://www.idc.com sind bereits 67 Prozent aller Computer mit irgendeiner Form von Spyware infiziert. Die Gesetzgeber sind dem Problem bereits auf der Spur. Noch im Laufe dieses Jahr tritt laut WSJ ein Anti-Spyware-Gesetz in Kalifornien in Kraft. Auch das US-Repräsentantenhaus berät derzeit über einen entsprechenden Gesetzesentwurf.

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