Software-Patente
Software-Patente – eine ernste Quelle zur Besorgnis
Software-Patente
Wenn Sie Mitte Dezember die Victoria Street in London entlang geschlendert wären, hätten Sie auf Alan Cox treffen können, den Verfasser eines Großteils der Codes innerhalb des Linux-Kerns. Er hing irgendwie verdächtig vor dem Gebäude des Handelsministeriums herum.
Drinnen haben unser Minister für Wissenschaft und Forschung, Lord Sainsbury und ein Team von in Anzügen gewandeter Mitarbeiter des Britischen Patentamtes in Wales versucht, so um die 100 Computerprogrammierer davon zu überzeugen, dass Europas Plan, neue Patentgesetze zu erlassen, nicht bedeutet, den amerikanischen bzw. japanischen Weg zu gehen, der Patente auf so ziemlich alles zulässt, einschließlich Computercodes und Unternehmens-Prinzipien.
“Sie haben gesagt, dass sie mich nicht ausschließen; sie haben einfach vergessen, mich einzuladen”, sagte Cox, während er Flyer verteilte, die den größten Teil dessen, was drinnen gesagt wurde, in Frage stellen.
Höchstwahrscheinlich war der Ausschluss von Cox ein dummes Versehen und keine Verschwörung. Die Herren vom Handelsministerium waren schier am Verzweifeln bei dem Versuch, ihre Botschaft rüberzubringen. Schließlich haben sie die letzten fünf Jahre unter einem Sperrfeuer von Briefen zugebracht, die sie von der Open-Source-Gemeinschaft und deren Freunden bei den Parlamentsabgeordneten erhalten haben.
“Der urspüngliche Entwurf für das neue EU-Patntrecht war ein wohlüberlegtes Durcheinander”
Das Problem der Ministerien in England und Deutschland und ebenso das der Gesetzgeber in Brüssel, ist, dass der Originalentwurf für ein neues Europäisches Patentrecht offensichtlich ein durchaus beabsichtigtes Durcheinander war, welches durch ungeschickte Veränderungen noch verwirrender wurde.
Der gesetzgebende Prozess in Europa, welcher Direktiven erarbeitet, die von allen Europäischen Staaten befolgt werden müssen, indem sie in nationales Recht übergehen, ist verwirrend.
Patentrecht an sich ist schon kompliziert und niemand vertraut auf irgendetwas, was uns Politiker, Brüsseler Anwälte und das Big Business erzählen. ‘Sie wollen Brücken bauen, solange jeder über ihre Brücke geht’ sagte Cox und versinnbildlicht damit das Mistrauen zwischen dem “Die dort und wir hier”.
Drinnen sagte Peter Lawrence, Leiter der Strategieabteilung des Britischen Patentamtes: “Wenn die Menschen nichts verstehen, haben sie Angst und deshalb gehen sie in die Opposition. So unterscheiden die Menschen beispielsweise nicht zwischen einem Patent, das veröffentlicht wurde, während es aber erst angemeldet ist und einem das angenommen und erteilt ist. Nur 50 Prozent der veröffentlichten Patente werden erteilt. Der Rest wird abgewiesen.’
Er fügte hinzu, dass, wenn die Leute über 30 000 Softwarepatente reden, die in Europa erteilt worden sind, dies dann veröffentlichte Anträge oder Patente mit Computer-bezogenen Erfindungen sind. ‘Man bekommt kein Patent für ein Mobiltelefon oder den Software-Code in einem Telefon, man bekommt Patente für die Hunderte “Computer-bezogenen” Systeme innerhalb des Telefons, die alle von Software abhängen.’
Manche Leute sind ideologisch Anti-Microsoft und Patentgegner. “Realistisch gesehen”, sagte Lawrence, “erwarten wir nicht, diese Gegner auf unsere Seite zu ziehen. Aber wir können sie daran erinnern, dass Europa sehr mächtige Wettbewerbsgesetze gegen Missbrauch hat und dass diese Gesetze gegen Microsoft angewendet werden. Wir fragten nach konkreten Beispielen, wo Europäische Softwarepatente gegen Open-Source Software angewendet worden ist – wo jemand gesagt hat, “Ihr seid nicht groß genug, um uns zu übernehmen, haut ab”. Niemand konnte einen Fall benennen. Irgendetwas wäre davon bis jetzt sicher bekannt geworden.
Er fuhr fort und erzählt, dass kleinen Unternehmen Angst gemacht wurde, dass sie einen Patentanwalt einstellen müssten. ‘Wir haben doch einige Hoffnung, ihnen die Situation zu erläutern’.
‘Etwas, was patentierbar sein soll, muss “einen technischen Beitrag” leisten”, erklärte Peter Hayward, Stratege beim Britischen Patentamt. “Der erste Entwurf versuchte dies als “Kräfte der Natur” darzustellen, diese Bezeichnung wird in Japan verwendet und kam von einem alten deutschen Gerichtsfall. Aber diese Bezeichnung wurde nun fallengelassen. Der Quellcode ist nicht patentierbar und Unternehmens-Logiken werden dies ebenfalls nicht sein. ‘
“Das US-Patentrecht ist nur deshalb so harsträubend, weil ein Richter vor dem endgültigen Urteil getorben war”
Hayward sagte, dass sogar IBM erkennen ließ, dass sie in Europa keine amerikanischen Verhältnisse wollen. Das Amerikanische Recht hatte sich nur geändert, weil ein Richter in seinen Neunzigern gesagt hatte, dass alles immer patentierbar gewesen ist – und dann starb er ein paar Wochen später. Das hat die Schleusentore geöffnet. Was dort passiert ist, ist wirklich außergewöhnlich. Es gab so etwas wie eine “Landnahme”, einen Ansturm auf alles, was patentierbar war. Das Wettrüsten im Patentwesen gehr dort bis heute weiter.
Die Direktive beabsichtigt, diese Dinge niederzuhalten und jeglichen Ansatz in Richtung der Situation in den USA und Japan zu stoppen. Wir sind davon überzeugt, dass der neue Entwurf keine Schleusentore öffnen wird.
Einst habe ich als Patentanwalt gearbeitet und Erfindungen patentiert. Ich habe diesen Beruf aufgegeben, um Journalist zu werden. vor allem, weil ich es leid war, den Erfindern zu helfen, ihr Geld zu verschleudern, weil sie sinnlose Ideen zu patentieren versuchten. Aber ich lese noch immer neu veröffentlichte Patente, um herauszufinden, was die Unternehmen so machen; ich gebe mich aber nicht als Journalist preis.
So weiß ich aus erster Hand, dass viele Patente, die aus den USA kommen, nicht wert sind, überhaupt gelesen zu werden, denn Großunternehmen können heute fast alles patentieren lassen, einschließlich unbestimmter Unternehmensprinzipien und Internet-Ideen. Das US-amerikanische Patentamt in Washington erteilt diesen Entwürfen dann die Gültigkeit und die großen Unternehmen können sie dazu verwenden, die kleinen Unternehmen niederzuknüppeln und zur Unterwerfung zu zwingen.
“Veröffentlichen Sie einfach Ihre Erfindungen!”
Das wird auch in Europa passieren, wenn das Gesetz nicht genau abklärt, dass logische Methoden wie Unternehmensprinzipien darin nicht eingeschlossen sind. Der Entwurf der Direktive sieht aus wie ein Versuch, dies zu tun.
Aber auch wenn dies nicht geschieht, möchte ich die “Open-Sourcer” an den legalen Trick erinnern, der als “prophylaktische Enthüllung” bekannt ist. Ist eine Erfindung erst einmal enthüllt, kann sie niemals von irgendjemandem patentiert werden. Wenn Sie also nicht erpresst werden wollen, veröffentlichen sie einfach Ihre Ideen im Internet und führen genau Buch über das Datum, wann sie sie ins Internet gestellt haben.