Behörden nehmen Hintermänner deutschsprachiger Untergrund-Marktplätze fest

Insgesamt 69 Wohnungen und Firmenräume im In- und Ausland wurden vergangene Woche durchsucht. Neun dringend Tatverdächtige konnten dabei verhaftet werden. Die Ermittlungen zielen auf die Betreiber und Anwender sogenannter Underground-Economy-Foren.
Der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie dem Bundeskriminalamt (BKA) ist gemeinsam mit internationalen Ermittlungsbehörden ein eigener Einschätzung zufolge “bedeutender Schlag gegen die deutschsprachige Underground-Economy-Szene” geglückt. Wie die Behörden bekannt gaben, haben sie in der vergangenen Woche im In- und Ausland 69 Wohnungen und Firmenräume von mutmaßlichen Betreibern respektive Akteuren diverser Untergrundmarktplätze durchsucht und dabei insgesamt neun dringend Tatverdächtige verhaftet. Polizeibeamte des BKA, von zwölf Bundesländern und ausländischen Partnerdienststellen in Bosnien-Herzegowina, der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden, Litauen und Russland beteiligten sich an der Gemeinschaftsaktion.
Über die deutschsprachigen Untergrundforen wurden illegale Güter wie Waffen, Betäubungsmittel, Falschgeld, gefälschte amtliche Ausweise und gestohlene Daten – etwa Kreditkarten- oder Online-Banking-Daten sowie “gehackte” Zugänge zu diversen Internetdiensten gehandelt. Zum Angebot gehörten auch kriminelle Dienstleistungen, zum Beispiel die Infektion von Rechnern mit Malware oder DDoS-Attacken, Anleitungen zur Begehung von Straftaten sowie illegale Streaming-Dienste.

Mutmaßlicher Hauptbetreiber von insgesamt drei Underground-Economy-Foren ist laut BKA ein 27-jähriger Bosnier. Er habe seit Oktober 2012 als Hauptadministrator die Schlüsselrolle bei der technischen Verwaltung der Infrastruktur der Foren sowie der Aufrechterhaltung des Forenbetriebs eingenommen. Zudem soll der Beschuldigte mehrere hundert illegale Geschäfte auf den von ihm betriebenen Untergrund-Foren als sogenannter “Treuhänder” abgesichert haben, indem er die Bezahlung an den jeweiligen Verkäufer veranlasste, nachdem der Käufer den Erhalt der Ware bestätigt hatte. Der Beschuldigte wurde am 24. Februar in Bosnien-Herzegowina festgenommen und befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.
Bei den Durchsuchungen wurden auch zwei mutmaßliche Foren-Administratoren mit deutscher Staatsbürgerschaft festgenommen, ein 21-Jähriger aus dem Münsterland und ein 29-Jähriger aus Niedersachsen. Der jüngere der beiden Beschuldigten soll – neben seiner Tätigkeit als technischer Administrator auf zwei UE-Foren – seit 2012 auch eine illegale Streaming-Plattform betrieben haben, über die er unter anderem Zugänge zu kostenpflichtigen Sportsendungen und Filmen angeboten haben soll. Die beiden Verdächtigen sitzen ebenfalls in Untersuchungshaft.
Darüber hinaus wurde am 23. Februar in Niedersachsen ein 22-jähriger Deutscher festgenommen, der dringend verdächtig ist, zwischen März 2014 und Dezember 2015 in Online-Foren Kokain, Cannabis, Amphetamine und Ecstasy-Tabletten an verschiedene Abnehmer verkauft zu haben. Seit Oktober 2015 sei in diese Drogengeschäfte auch ein 19-Jähriger Syrer aus Niedersachsen verwickelt gewesen, so das BKA. Er soll Amphetamin selbst hergestellt haben. Bei der Durchsuchung der Wohnung des syrischen Tatverdächtigen sowie seines 28-jährigen Bruders konnten die Beamten 36 Kilogramm Amphetamin, 1,5 Kilogramm Kokain, 2 Kilogramm Haschisch und 2,3 Kilogramm Ecstasy sicherstellen. Die Betäubungsmittel besitzen einen Straßenverkaufswert von rund 250.000 Euro. Auch die beiden Syrier wurden verhaftet und befinden sich wie ihr mutmaßlicher deutscher Komplize in Untersuchungshaft.
Im Zuge der Maßnahmen wurde den Ermittlungsbehörden zufolge umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, insbesondere PCs und Speichermedien, eine Schusswaffe sowie Betäubungsmittel. Außerdem beschlagnahmten die Ermittler Bargeld und Vermögenswerte in Höhe von rund 150.000 Euro sowie zwei Bitcoin-Tresore. Weiterhin ist es dem BKA gelungen, mehrere Server in Frankreich, den Niederlanden, Litauen und Russland sicherzustellen, auf denen kriminelle Online-Marktplätze betrieben wurden.
Das BKA und die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sehen den Ermittlungserfolg als erneuten Beweis dafür, dass es im Internet keine vollständige Anonymität gibt – auch nicht im sogenannten Darknet, also dem Bereich, der nicht über Suchmaschinen auffindbar ist. Er unterstreiche zudem die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Internetkriminalität. Bei der internationalen Koordinierung habe die europäische Justizbehörde Eurojust die Ermittlungen maßgeblich unterstützt. Die im Zuge der Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse belegten auch, wie wichtig der neu geschaffene Straftatbestand der Datenhehlerei (Paragraf 202d Strafgesetzbuch) sei, da der Handel mit rechtswidrig erlangten Daten auf kriminellen Online-Marktplätzen weit verbreitet sei und hier bisher eine Strafbarkeitslücke bestanden habe.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]
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