Bundestag: Computernetz nach Hackerangriff offenbar komplett verseucht
Nach Auffassung von Experten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist das Netz nicht mehr zu retten. Das berichtete die “Tagesschau” unter Berufung auf Recherchen von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”. Bisher konnten die mit der Analyse und Abwehr des Angriffs Beauftragten diesen nicht mit Gewissheit stoppen.
In der vergangenen Woche haben die mit der Analyse des aktuellsten Hackerangriffs auf den Bundestag beauftragten Experten vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und einer süddeutschen Firma offenbar das Handtuch geworfen. Wie gestern die Tagesschau unter Berufung auf gemeinsame Recherchen von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” berichtete, empfehlen sie in einem als geheim eingestuften Bericht als Ausweg, das Netzwerk komplett zu ersetzen. Grund: Es könne nicht gewährleistet werden, dass nicht immer noch Daten abgezapft werden. Laut der gestrigen Ausgabe der Tagesschau wollte sich die Bundestagsverwaltung dazu nicht äußern.
Den Angreifern soll es gelungen sein, sich Administratorenrechte zu verschaffen und den Verzeichnisdienst zu übernehmen, der die rund 20.000 Rechner im Parlament verwaltet. So hätten sie beliebig Zugriff auf Systeme des Bundestages sowie Zugangsdaten von Abgeordneten und Bundestagsmitarbeitern. Ausnahmen seien lediglich die Dokumente des NSA-Untersuchungsausschuss, ein System in der als geheim eingestufte Dokumente des Bundestages verwahrt werden sowie die Rechner der Personalverwaltung. Diese drei verwendeten “besonders gesicherte Netzwerke”.
Ende Mai wurde öffentlich, dass mindestens fünf PCs von Abgeordneten erfolgreich angegriffen worden waren. Die Art, wie der Angriff vorgetragen wurde, lässt einen ausländischen Geheimdienst als Urheber vermuten.
Wie die Neuinstallation des Netzes und der Rechner aussehen könnte, ist derzeit völlig offen. Wie NDR, WDR und Süddeutsche zu bedenken geben, handelt es sich nicht nur um ein ausgesprochen komplexes Konstrukt, sondern müsste der Neuinstallation auch eine Ausschreibung vorangehen – was den gesamten Prozess noch einmal verzögere.
Klar ist allerdings, dass eine Erneuerung grundsätzlich nicht schaden könnte. Im Dezember war bekannt geworden, dass, im Bundestag und in der Bundestagsverwaltung noch etwa 7300 Rechner mit Windows XP laufen. Für sie war an Microsoft für verlängerten Support rund 120.000 Euro bezahlt worden. Allerdings sollte die Umstellung auf ein jüngeres Betriebssystem im Januar abgeschlossen werden. Ob der Plan umgesetzt wurde, ist nicht bekannt. Falls ja, hat es jedenfalls nicht viel genutzt.