Wie Afrikas Start-ups auf neuen Wegen zu westlichem Kapital finden

Afrikas Entwickler, die sich bisher schwer taten vom Technik-Boom zu profitieren, haben nun ganz neue Wege gefunden, ihre Fähigkeiten zu bündeln, zu finanzieren und zu Geld zu machen. Sie haben sich in über 100 Technik-Hubs zusammengeschlossen, um ihre Ideen umzusetzen. Mit einem ganz anderen Gründergeist als verwöhnte Westler beginnen sie, schon mit weitaus kleineren Summen als das typische westliche Start-up ihre Ideen umzusetzen. Das Prinzip des Risikokapitals zieht zwar hier ein, doch das geschieht mit Blick auf afrikanische Traditionen auf einer viel familiäreren Basis.

So ist etwa einer der “geekigsten” Co-Working-Spaces in der Ngong Road in Nairobi das Zentrum einer florierenden Gründerszene geworden: “iHub” begann als Online-Community von Entwicklern und Freelancern, die sich von Zeit zu Zeit auf einen Kaffee trafen. 2010 gründeten sie mit Geld der Open-Source-Software-Schmiede Usahidi ein Büro. Heute gibt es in Afrika über 100 solcher Technik-Treffpunkte. Allerdings sind die meisten davon noch nicht sehr produktiv.
Trotzdem entstehen jedes Jahr mehr: Sie sind hungrig nach Venture Capital und Support und unterscheiden sich damit nicht grundlegend von der hiesigen Gründerszene. Dennoch gibt es ein großes Anderssein: In Afrika haben diese Hubs eine gesellschaftlich wichtige Rolle übernommen, ohne die kaum Neuentwicklungen (auch politische) möglich wären. Die Gründerszene braucht die Hubs auch als Verbindung zur etwas reicheren und offeneren Welt, um viel zu lernen – doch ohne dabei den eigenen Charakter aufzugeben.
Internet-Treffpunkte werden zu Start-up-Zentren
Als iHub in Nairobi startete, war sein Zweck einfach: Eine billige und schnelle Internet-Verbindung ersetzte das Internet-Café, in dem jede angefangene Minute bezahlt werden musste. Mugethi Gitau, iHubs Community Manager, erzählt von den Anfängen: “Endlich gab es einen Platz, wo man kostenlos dazulernen durfte. Die Besucher lernten etwas über Technik und die Industrie dahinter. Man musste nicht mehr die ganze Stadt durchqueren, um zum Internet-Zugang zu gelangen.” Zwar ist das iHub noch immer ein Treffpunkt mit Internet-Anschluss, aber der Austausch von Ideen, Netzwerken und Partnerschaften ist inzwischen ein wenig zielgerichteter und professioneller geworden.
“Die wichtigste Rolle des geteilten Platzes ist, Zugang zum notwendigen Kapital zu erlangen”, meint Mark Walker, IDC-Analyst für den Raum “Sub-Sahara”. Investoren seien bisher sehr vorsichtig, bei kleinen Start-ups in unbekannten Märkten Geld anzulegen, meint er. In Afrika selbst gebe es noch keine echte Venture-Capital-Szene. Finanzierung erfolge hier traditionell über Familie, Freunde und Unterstützer. “Das Gründungskapital zu sammeln ist also das größte Problem für alle Start-ups”.
Doch genau hier klinken sich die Hubs ein und verbinden als Schnittstelle die Denkmuster beider Welten. So haben sie es geschafft, zur Brücke zwischen afrikanischen Firmengründern und westlichem Kapital zu werden, zwischen dem “schnöden Mammon” und der Unterstützung durch Freunde und Familie.
Mehr Kollaboration als im Westen?
Weil der Rest der Welt Afrika nicht komplett begreife, sei dieses Interface auch notwendig, erklärt Walker. Denn Westler sähen nur Wachstum und wirtschaftliche Ergebnisse, verstünden aber nicht mehr, wie dies zustandekommt. Die Technik-Hubs förderten das Verständnis. Und die Technikzentren gäben den unwissenden Investoren jetzt einen zentralen Sammelpunkt, um ihre Gelder an die Gründer zu bringen.
Gitau von iHub meint sogar belustigt, dass sie und ihre Kollegen die westlichen Investoren oft überzeugen müssen, ihre Angebote auf ein realistisches Maß für ein kleines kenianisches Start-up zurechtzustutzen. Statt 100.000 Dollar wie in den USA nicht selten, reichen in Afrika oft schon 10.000 Dollar.
Den Unterschied der Kulturen macht der Amerikaner Walker deutlich: Weil viele Software-Entwickler noch nicht in der Lage seien, die geschäftliche Seite zu verhandeln – geschweige denn zu verstehen – ist deren Verbindung zu Menschen mit Finanz- und Marketing-Know-how wichtig, die eine Produkteinführung beschleunigen und nachhaltig machen können. Doch “weil Afrika spät in der Technikszene angekommen ist, kann es sich nun nicht leisten zu warten”. Die Hubs dienen also eher als Sprungbretter, um dem Westen hinterherhüpfen zu können.

Die afrikanischen Technik-Hubs seien weitaus kollaborativer als westliche Modelle, “weil hier jeder irgendwie seine Haut riskieren muss”. Zwar würden die Entrepeneure in Afrika so etwas wie Konkurrenzkampf auch verstehen, seien aber schon durch den gemeinsam genutzten Co-Working-Space zu engerer Zusammenarbeit gezwungen. Kurzum: Afrikas Techies sind näher an der Open-Source-Denke. “Jeder ist am Erfolg des Technik-Hubs beteiligt, es liegt also im gemeinsamen Interesse, zusammen erfolgreich zu sein”. Dass Unternehmer ganz alleine zu Banchengrößen werden können, ist auf diesem Kontinent also nicht zu erwarten.
Das Problem der Finanzierung besteht immer in Afrika: Obwohl sich zum Beispiel iHub großteils selbst am Leben erhält, indem es seine Beratungs- und Marktforschungsdienste verkauft und Platz vermietet, muss Gitau gestehen, dass die meisten Hubs in Afrika auf Spenden, Nonprofit-Organisationen und Sponsoren angewiesen sind. Durch den Mangel an regelmäßiger Finanzierung seien wohl nur 20 von rund 100 Hubs aktiv genug, um ernstgenommen zu werden.
Weil mehr und mehr Technik-Investitionen aus dem Westen kommen – Firmen wie Facebook, Google und IBM sind schon in Afrika aktiv – fällt die Abhängigkeit von kurzfristig denkenden Geldgebern aus der Kapitalszene über kurz oder lang weg, erklärt IDC-Analyst Walker. Das verändere vielleicht in Zukunft auch die Rolle der Hubs.
[mit Material von Hilary Heuler, ZDNet.com]