Die Welt durch die Google-Brille sehen

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Isabelle Olsson, die als Designerin am Project Glass mitwirkt, mit Google-Brille auf der Entwicklerkonferenz I/O.

Entwickler in den USA, die an der Konferenz Google I/O teilgenommen haben, konnten eine “Explorer Edition” von Google Glass für 1500 Dollar vorbestellen. Ausgeliefert wird sie voraussichtlich Anfang 2013. Eine preisgünstigere Verbraucherversion könnte Ende 2013 oder Anfang 2014 folgen – dann eben, wenn die Entwickler ihre Arbeit getan haben, und Anwendungen zur Verfügung stehen, die sich sinnvoll mit Google Glass nutzen lassen.

Googles Mitgründer Sergey Brin ließ es sich nicht nehmen, Google Glass während der Konferenzmit einer dramatischen Vorführung zu präsentieren: Er bat den Passagier eines über San Francisco schwebenden Zeppelins, ihm doch bitte mal eben die Brille zurückzubringen, die er ihm ausgeliehen hatte. Der ließ sich nicht lange bitten und sprang mit drei weiteren Fallschirmspringern ab, um auf dem Dach des Konferenzgebäudes zu landen.

Sie alle trugen Google-Glass-Brillen, deren Kameras das Geschehen aus ihrer Sicht aufnahmen und in einen Videochat bei Google+ Hangout übertrugen. Auf dem Dach des Konferenzzentrums wartende Mountainbike-Fahrer übernahmen und kürzten den Weg mit einem Sprung auf das nächste Dach ab. Von dort aus seilten sich Akrobaten an einer Hauswand ab, all das auch mit Google Glass live übertragen. Unten angekommen, übernahmen andere Biker und rasten bis zu Brin auf die Bühne im Konferenzraum.

Noch nicht für alle

Das war natürlich Effekthascherei. Die ist aber auch notwendig um die Begeisterung anzufachen. Denn bevor wir alle als Rund-um-die-Uhr-Stuntmen unsere Abenteuer mit Googles Brille ins Web übertragen, werden noch einige Monate ins Land gehen: Brin stellte in San Francisco eindeutig klar, dass Google Glass noch immer in der Entwicklung ist und dass wir den Jackie Chan in uns etwas zähmen müssen: “Das ist kein Gerät für Verbraucher”, sagte er. “Sie müssen wirklich bis an die äußerste Grenze gehen wollen. Dafür wurde es konzipiert.”

Aber warum eigentlich? Zwar haben sich in den Industrieländern gerade Millionen von Menschen dank einer Augenlaserbehandlung von ihrer Kassenbrille verabschiedet, aber man braucht kein Zukunftsforscher zu sein um vorherzusagen, dass sie sich eine halbwegs schicke Google-Brille – vielleicht designt von Ray Ban oder Dolce&Gabbana – gleich morgen auf die Nase setzen würden, wenn der Nutzen da ist: Warum ein kleines Rechenzentrum in der Hosentasche herumtragen, wenn sich Informationen zu Restaurants, Geschäften, öffentlichem Nahverkehr oder Taxis per Sprachbefahl im Nasenfahrrad anzeigen lassen? Wenn sich Anrufe initiieren und Postings in den für viele inzwischen unverzichtbaren Sozialen Netzwerken – mit Bild oder Video – ebenfalls per Sprachbefahl an die Brille absetzen lassen? Wer will dann noch auf seinem langweiligen Touchscreen wischen und gestikulieren?

Leicht wie Sonnenbrillen

Die auf Android basierenden Brillen sind inzwischen so leicht wie übliche Sonnenbrillen. Sie verfügen seitlich über ein Touchpanel und oben über einen Button, mit dem sich Fotos und Videoaufnahmen auslösen lassen. Ein transparentes Display oberhalb des regulären Sichtfelds kann Informationen einblenden, ohne Sicht und Augenkontakt zu beeinträchtigen. Die Brillen verfügen über einen Kompass und eine Bewegungserkennung. Das Bild wird unmittelbar über der normalen Sichtlinie etwa in der Größe einer Briefmarke angezeigt, wie Rafe Needleman, einer der Journalisten berichtet, der sie sich im Anschluss an die Vorführung kurz aufsetzen durfte.

“Die Brille mit ihrem Titanrahmen war sehr leicht und komfortabel zu tragen”, berichtet Needleman weiter. “Ich musste meine eigene Optikerbrille ablegen, um Google Glass zu tragen. Wie Google-Designerin Isabelle Olsson sagte, selbst eine frühere Brillendesignerin, arbeitet das Unternehmen aber mit Brillenherstellern zusammen, um eine Lösung für Brillenträger zu finden.”

Die Audioausgabe erfolgt am rechten Ohr, aber ohne einen speziellen Ohrhörer. Es sei deshalb naheliegend, die Hand über dem Ohr zu wölben, um den Klang zu verstärken. Laut Brin ist das auch als Geste geeignet, um Anwesenden einen Hinweis zu geben, dass die Aufmerksamkeit gerade dem Gerät gilt. “Wir hoffen, dass wir es eines Tages so schnell machen können, dass man bei einer Frage gar nicht mehr das Gefühl hat, eine Antwort suchen zu müssen”, so einer der Projektentwickler. “Es soll so schnell sein, dass man es einfach weiß. Wir wollen die Menschen befähigen, Informationen sehr, sehr schnell zu erhalten.” Und natürlich sind das die Informationen, die Google für uns ausgesucht hat. Sehen wir also 2015 die Welt nur noch durch die Google-Brille?

[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]

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