VDE: Vorschläge für Green IT

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Aufgrund der gestiegenen Bandbreite sowie der zunehmenden Nutzung von Internet, Handys und E-Services wächst der Umfang des Datentransfers und damit auch der Energieverbrauch. Umso wichtiger wird es unter Kosten- und Klimaschutzaspekten, den Energieverbrauch zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.

Ansatzpunkte dafür zeigt die jetzt veröffentlichte Green-IT-Studie der Informationstechnischen Gesellschaft (ITG) im Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE). Der VDE zählt mit rund 35 000 Mitgliedern, davon 1300 Unternehmen, zu den großen technisch-wissenschaftlichen Verbänden in Europa.

IKT-Wachstum sorgt für steigenden Energiebedarf
Für E-Services im Internet benötigen IKT-Systeme heute weltweit rund 160 GW, dies entspricht acht Prozent der erzeugten elektrischen Leistung. Dieser Anteil wird nach Schätzung von Experten aufgrund des starken Marktwachstums von IKT-Lösungen sowie des steigenden Anteils von Endgeräten und Data Centern auf etwa 400 GW, also 15 Prozent im Jahr 2020 anwachsen.

Der Praxistest einer LTE (Long Term Evolution) im Umfeld des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik Heinrich-Hertz-Institut in Berlin. (Grafik: VDE)

Über 50 Prozent des Energieverbrauchs entstehen durch ungenutzte Endgeräte und Netze, da Verfahren zum Booten beziehungsweise Reaktivieren der Netzverbindungen von den Herstellern als zu aufwendig und instabil eingestuft werden. Weitere große Energieverschwender sind derzeit Datencenter und Netzwerktechnik.

Datenverkehr erhöht sich um das Zehnfache pro Jahr
Wie jetzt errechnet wurde, erhöht sich der Datentransfer durch die Datennetzwerke etwa um das Zehnfache pro Jahr, was einer Erhöhung des Energieverbrauchs von rund 16 bis 20 Prozent pro Jahr entspricht. Der Anteil von IKT-Geräten und -Einrichtungen an den CO2-Emissionen wird derzeit auf zwei bis drei Prozent geschätzt, unter Einschluss der Herstellungsphase der Geräte sind es sogar vier Prozent.

In den vergangenen Jahren verzeichnete das Internet Zuwachsraten von bis zu 100 Prozent pro Jahr. Der VDE geht davon aus, dass dieses Wachstum auch in den nächsten zehn Jahren anhalten werde, ebenso sei mit einer starken Zunahme der Mobilfunkanwendungen zu rechnen.

Bei dieser Prognose stellt sich unweigerlich die Frage, wie die Kommunikationsnetze der nächsten Generation gestaltet werden müssen, um nicht selbst zur globalen CO2-Emission beizutragen. Dies betrifft sowohl den Energieverbrauch an sich als auch die Nachhaltigkeit von Systemen und Komponenten.

Lösungsansätze für energieeffiziente IKT
Die Autoren der Green-IT-Studie des VDE haben zahlreiche Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Energieeffizienz in der IKT gefunden. Diese konzentrieren sich auf drei Bereiche:

• Effizienzsteigerung durch neue Netzarchitekturen

• Energieeffiziente mobile Kommunikationsnetzwerke

• Verlustoptimierung in Schaltungstechniken

Im Bereich der Netzarchitekturen lässt sich der Energieverbrauch vor allem durch die dynamische Anpassung beziehungsweise Aktivierung von Kommunikations-, Speicher- und Computing-Ressourcen senken. Auch der sogenannte Schlafmodus von PCs führt zu einer Trennung der Netzkonnektivität.

Bypassing: Mithilfe elektronischer und optischer Switche lassen sich Netzknoten umgehen. (Grafik: VDE)

Durch den Einsatz neuer Netzwerkarchitekturen und Systemtechnologien lässt sich ebenfalls die Energieeffizienz erheblich steigern. Hierzu zählen neue Methoden zur Netzwerkoptimierung wie kooperatives, kognitives, opportunistisches oder verzögerungsrelevantes Networking wie auch das sogenannte »optische Bypassing« elektronischer Prozesse.

Optimierung der Funknetzwerke
Bei den mobilen Kommunikationsnetzen lässt sich sowohl durch die Optimierung der mobilen Funkgeräte als auch der Funknetzwerke eine Reduzierung des Energieverbrauchs realisieren. Hierunter gehört der verbesserte Wirkungsgrad der Leistungsverstärker, der passiven HF-Komponenten, der Netzarchitektur und der Netzwerkprotokolle.

Der dritte Bereich betrifft die Verlustoptimierung in Schaltungstechniken, die die Leistungsaufnahme, Leckströme und Verlustwärme reduzieren kann.

Darüber hinaus können alternative Gebäude- und Energieversorgungskonzepte für die Kommunikationstechnik den Energiebedarf senken. So könnten die in der Fläche verteilten Bauwerke sowie Kommunikations- und Stromnetze zur dezentralen Energieversorgung verwendet werden und selbst Energie in das Netz der Stromversorger einspeisen.

VDE fordert übergreifende Forschungsinitiative
Die Vielfalt möglicher Lösungsansätze zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Kommunikationsnetzen wie auch die Komplexität des Themas erfordern ein koordiniertes Gesamtkonzept.

»Deutschland hat hinsichtlich Green IT sehr gute Startbedingungen im internationalen Wettbewerb«, sagt Prof. Dr. Ingo Wolff, Vorsitzender der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE und Geschäftsführer der IMST GmbH. (Foto: VDE)

So schlägt der VDE vor, das weitere Vorgehen in einem interdisziplinären Forschungsprojekt mit Netzwerkbetreibern, Systemherstellern und Systemhäusern sowie Halbleiterkomponentenherstellern durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Computer-, Netzwerk-, Nachrichten- und Informationstechnikern, sowie Energie- und Gebäudeexperten abzustimmen.

Deutschland hat gute Chancen
Das geeignete Mittel zur Umsetzung der hier vorgestellten Lösungsansätze sieht der VDE in einer interdisziplinären Forschungsinitiative. Sie soll Universitäten, Forschungsinstitute und Industrieunternehmen dabei unterstützen, gemeinsam neue Lösungen für energieeffiziente IKT zu entwickeln.

Zugleich räumt der VDE der Forschung und Industrie hierzulande gute Chancen im internationalen Wettlauf um die Spitzenposition bei Green IT ein. »Deutschland hat hinsichtlich dieses Themas sehr gute Startbedingungen im internationalen Wettbewerb«, ist Prof. Dr. Ingo Wolff, Mitglied im VDE-Präsidium und Vorsitzender der ITG im VDE, überzugt.

»Allerdings werden derzeit weltweit eine Reihe von Initiativen gestartet, sodass Deutschland Anstrengungen unternehmen muss, den Entwicklungsvorsprung aufrecht zu erhalten. Die Informationstechnische Gesellschaft im VDE bietet ihre Unterstützung für die Definition einer Forschungsinitiative und der erforderlichen Projektcluster an.«

Internet-Wachstum ist abhängig von Energieeffizienz
Auch die Autoren der Green-IT-Studie fordern ein schnelles Handeln bei der Umsetzung energieeffizienter Netze: »Nur wenn Forschung und Entwicklung einen essenziellen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz der IT- und TK-Systeme leisten, wird das Wachstum des Internets ohne drastisches Wachstum des Energieverbrauchs, also ohne signifikanten Beitrag der IKT zum CO2-Ausstoß, möglich sein.« Folglich müssten »Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ein Kriterium der Netzgestaltung und Netzarchitektur der zukünftigen Kommunikationsnetze werden.«
(Stefan Girschner/mt)

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VDE

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