Logitech: Videokonferenzen für kleine Teams
Gängige Videokonferenz-Lösungen sind entweder teuer und aufwendig oder sie taugen nicht viel. Logitech möchte das ändern. Seine Lösung ist besonders für kleine Unternehmen geeignet. ITespresso konnte das Produkt bei einer Vorab-Präsentation in Augenschein nehmen.
Videokonferenzen zählten lange Zeit zu den Techniken, über die viel geredet wird, die aber wenig genutzt werden. Das scheint sich gerade zu ändern. Dafür spricht beispielsweise eine aktuelle Studie von Smart Worker Club, die vom Druckerspezialisten Brother in Auftrag gegeben wurde. Demnach nutzen schon 71 Prozent der Unternehmen Videokonferenzen für die Kommunikation mit Kollegen und 49 Prozent für das Gespräch mit Kunden. Die Unternehmen setzen dabei vielfach auf große Videokonferenz-Systeme. Einfachere Lösungen wie Skype oder Apples Facetime sind aber ebenfalls im Kommen. So nutzen schon 70 Prozent der Mitarbeiter diese Lösungen in der internen Zusammenarbeit und 50 Prozent bei der Kommunikation mit Kunden. Als größter Vorteil gilt, dass teure und zeitaufwendige Dienstreisen entfallen.
Allerdings wird die Technik derzeit nur sporadisch genutzt. 50 Prozent geben in der Umfrage an, dass sie selten oder mehrmals pro Jahr Videokonferenzen einsetzen.
Videokonferenzraum oder Notebook mit Skype
Ein Problem besteht nach wie vor darin, dass der Markt von zwei Konzepten dominiert wird. Die Unternehmen nutzen entweder aufwendige Telepresence-Lösungen von Anbietern wie Cisco oder Polycom oder sie behelfen sich mit kleinen Lösungen wie Skype in Kombination mit einer Kamera auf dem Monitor oder einem Notebook mit integrierter Minikamera.
Die Nachteile dabei: Wenn mehrere Mitarbeiter sich an der Videokonferenz beteiligen, sitzen oder stehen alle dicht gedrängt vor dem Notebook. Das wirkt nicht gerade professionell. Außerdem ist die Klangqualität meistens eher bescheiden.
Die Lücke zwischen den aufwendigen und teuren Telepräsenz-Systemen und den preiswerten, aber technisch unzureichenden Lösungen, will Logitechs Video Collaboration Group mit dem knapp 1200 Euro teuren Produkt “Group” schließen. Die Logitech-Lösung ist hauptsächlich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gedacht. Auch Arbeitsgruppen und kleine Teams können davon profitieren.
So funktioniert Group
Die Lösung gewährleistet, dass die Teilnehmer an ihrem Platz am Tisch sitzen bleiben können und trotzdem von der Kamera erfasst werden. Mehrere Mikrofone stecken in einem sogenannten Speakerphone, das auf dem Tisch steht. So können die Stimmen rund um den Tisch in sauberer Audioqualität eingefangen werden. Bis zu 14 Personen in einem Raum können sich mit dem Speakerphone Gehör verschaffen. Schließt man die optional erhältlichen externen Mikrofone an, sind es bis zu 20 Konferenzteilnehmer.
Group ist der Nachfolger von Logitechs Conference Cam CC3000e. Die neue Version soll jetzt noch bessere Bild- und Tonqualität bringen. Das System überträgt die Videobilder in Full-HD-Qualität. Auch die Audioqualität ist durch neue Signalprozessoren besser geworden. Logitech konzentriert sich auf die Hardware, und stellt nicht etwa eine Cloud-Lösung zur Seite. Das System ist zu Lösungen wie Skype kompatibel.
Group besteht aus einer Kamera, der zentralen Steuereinheit Speakerphone sowie einem Hub. Die Kamera wird typischerweise auf einem großen Fernseher oder Display montiert. Im Hub laufen alle Kabel zusammen. Der Hub holt die Daten von der Kamera und leitet diese an PC oder Notebook weiter. Auch das Speakerphone hängt an diesem Hub. Nur die externen Mikrofone werden an das Speakerphone angestöpselt. Im Inneren des Speakerphone sind neben den Bedienelementen auch Lautsprecher sowie vier omnidirektionale Mikrofone integriert. Ein von Logitech selbst entwickelter digitaler Signalprozessor soll Klangqualität und Sprachverständlichkeit optimieren und dabei beispielsweise störendes Rauschen beziehungsweise Echo- oder Halleffekte reduzieren.
Die Teilnehmer können sich in einem Umkreis von sechs Metern aufhalten, damit also auch an einem größeren Tisch Platz nehmen. Mit den Zusatzmikros steigt der Radius auf achteinhalb Meter.
Die Kamera lässt sich durch eine kleine Fernbedienung nach oben und unten neigen sowie nach links oder rechts schwenken. Auf dem Objektiv prangt der Name des renommierten Optikherstellers Zeiss, was für eine gute Bildqualität spricht. Da für ein Videokonferenz-System nicht unbedingt die allerhöchste optische Qualität wie etwa bei einer digitalen Spiegelreflexkamera nötig ist, ist der Name Zeiss hier eher als Marketing-Gag zu sehen.
Laut Logitech lässt sich das System in kürzester Zeit in Betrieb nehmen. In einem internen Versuch sei Group in sage und schreibe 59 Sekunden betriebsbereit gewesen. Außerdem kann Group mit Bluetooth-fähigen Smartphones oder Tablets verbunden werden und ist damit für Audiokonferenzen geeignet.
Hochwertige Videokamera
ITespresso hatte die Gelegenheit Group bei einer Vorab-Präsentation in München auszuprobieren. Hier hat das System schnell und reibungslos funktioniert. Die Videoverbindung zum Gesprächspartner ist flott aufgebaut, die Bildqualität sehr ansehnlich. Trotz ungünstiger akustischer Bedingungen – der Vorführraum war etwas hallig – ist die Sprachverständlichkeit ausgezeichnet. Der Motor, der die Kamera neigt und schwenkt, arbeitet leise und der Autofokus reagiert zumindest bei guten Lichtverhältnissen schnell und zuverlässig. Hält man beispielsweise ein Blatt Papier oder ein Produkt vor die Kamera, um es zu zeigen, dann richtet sich die Schärfe schnell darauf ein, nimmt man das Papier wieder weg, wird wieder der ganze Raum mit den Teilnehmern in den Fokus genommen.
Das Speakerphone arbeitet mit Full-Duplex-Technik, das heißt die Audiodaten werden gleichzeitig in beide Richtungen gesandt. Die Elektronik ist in einem Vollmetallgehäuse untergebracht. Insgesamt macht das System einen gediegenen Eindruck, was man in der Preisklasse über 1000 Euro wohl auch erwarten darf. Die externen Mikrofone sind ebenfalls in einem Metallgehäuse untergebracht.
Weitere technische Daten
Die Codierung der Videodaten (H.264) wird in der Kamera vorgenommen. Das Speakerphone führt Audio- und Videostream (H.264) zusammen. Von da fließt der Datenstrom über den Hub und ein USB-Kabel an den PC mit einer Videokonferenz-Software wie Skype. Eine eventuell nötige Anpassung der Full-HD-Auflösung an die Bandbreite wird dabei von Skype vorgenommen.
Die Videokamera filmt mit einem 90-Grad-Winkel. So kann sie beispielsweise einen ganzen Konferenztisch und die Teilnehmer erfassen. Videos nimmt sie in Full HD (1920 mal 1080 Pixel) mit 30 Bildern pro Sekunde auf. Zusätzlich bietet die Kamera einen optischen 10-fach-Zoom. Fünf Voreinstellungen, etwa Neigung und Position der Kamera oder Brennweite, lassen sich abspeichern.
Das System ist voraussichtlich ab März 2016 erhältlich. In der Basisausstattung kostet Group 1199 Euro. Ein Set mit zwei Zusatzmikrofonen kostet 299 Euro. Nicht gerade billig, aber wenn man sich damit die ein oder andere Dienstreise spart, sind die Kosten schnell wieder drin.
Logitechs Business-Geschäft
Logitech will die Technik auch dazu nutzen, auf dem Business-Markt in Deutschland bekannter zu werden. Das Unternehmen wird in der Regel mit Peripheriegeräten wie Mäusen und Tastaturen in Verbindung gebracht. Dabei ist Logitech auch im Business-Segment aktiv, beispielsweise mit der Video Collaboration Group.
Zu seinen Kunden zählt die Video Collaboration Group Unternehmen wie BMW oder die Unternehmensberatung Ernst & Young. Eigenen Angaben zufolge hatte Logitech zwischen dem vierten Quartal 2014 und dem dritten Quartal 2015 weltweit schon mehr als 100.000 Mal Conference Cams verkauft. Diesen Erfolg soll das Produkt Group jetzt ausbauen.