Seitenbreite Druckköpfe: Memjet erwirkt einstweilige Verfügung gegen HP
Für HP ist die Technologie ein wichtiger Bestandteil seiner Differenzierung vom Mitbewerb. Memjet hatte bereits im August wegen Verletzung von acht Patenten Klage in Kalifornien eingereicht. Gegen die jetzt von Memjet vor dem Landgericht München erwirkte einstweilige Verfügung will HP Rechtsmittel einlegen.
In dem schon länger andauernden Streit zwischen HP und Memjet hat der Herausforderer nun einen Etappensieg erzielt: Vor dem Landgericht München I konnte er eine einstweilige Verfügung erwirken, die es HP bis auf weiteres untersagt, Druckgeräte der Serie HP PageWide XL nach Deutschland zu importieren, hier zu verkaufen oder zum Kauf anzubieten. Darauf haben mehrere Fachportale jetzt aufmerksam gemacht. HP hat auf Anfrage gegenüber ITespresso erklärt, dass man zu laufenden Verfahren generell keine Aussagen macht. Allerdings strebe man die Aufhebung der einstweiligen Verfügung an und hat angekündigt, die eigenen Patente in dem Umfeld verteidigen zu wollen.
Konkret sind von der einstweiligen Verfügung die Large Format Printer der Reihen HP Page Wide XL 8000, XL 5000 und XL 4000 sowie XL 4500 betroffen. Auf die OfficeJet-Modelle, die ebenfalls dank eines seitenbreiten Druckkopfes eine hohe Druckgeschwindigkeit erreichen, bezieht sich die einstweilige Verfügung offenbar nicht. Es handelt sich dabei um die Modelle Pro X476dn, Pro X476dw, Pro X576dw und den MFP Enterprise Color X585dn. Im August hatte Memjet bereits vor einem Gericht in Kalifornien Klage eingereicht. Darin wird HP vorgeworfen, mit seinen Produkten insgesamt acht Memjet-Patente zu verletzen.
Memjet präsentierte seine Technologie in Deutschland erstmals zur CeBIT 2011 einem größeren Publikum. Geplant war damals, zusammen mit Medion ab Mitte des Jahres für rund 600 Euro ein bereits als “Medion E89400” anvisiertes Modell mit der Technologie zu verkaufen, das dank eines DIN-A4 breiten Druckkopfes mit 70.400 Düsen bis zu 60 Farbseiten pro Minute liefern sollte.
Diese Pläne zerschlugen sich allerdings. Denn obwohl das auf der Messe vorgeführte Modell seinen Dienst weitgehend reibungslos versah, konnten bis zur geplanten Markteinführung nicht alle technischen Hürden ausgeräumt werden. Medion gab das Projekt schließlich auf. Auch ansonsten blieben wohl einige Punkte ungeklärt, die für den Einsatz der Technologie im Büroumfeld wichtig gewesen wären. Memjet konzentrierte sich in der Folge daher darauf, die Technologie an Large-Format-Spezialisten zu lizenzieren. Einer davon ist beispielsweise RTI Digital, der sie in seiner Produktreihe Vortex 4200 verwendet, die sich an dieselben Abnehmer richtet, wie die HP-Geräte, deren Verkauf in Deutschland nun vorerst gestoppt wurde.
Bevor HP seine Page Wide Technology (PDF) im Herbst 2012 auch bei Bürodruckern eingeführt hat, damals mit der Reihe Officejet Pro X, experimentierte der Konzern mit einer als “Edgeline” bezeichneten Technologie. Auch hier waren seitenbreite Druckköpfe ein wesentlicher Bestandteil.
Deren Vorteil ist es generell, dass das Papier ähnlich wie bei einem Laserdrucker nur einmal unter dem Druckkopf hindurchgezogen werden muss. Der Druckkopf ist bei diesen Geräten in der Regel fest installiert. Üblicherweise bewegt er sich bei Tintenstrahldruckern dagegen quer über das Blatt hin und her, während es durchgezogen wird, um es zeilenweise zu bedrucken. Das ist nicht nur mechanisch anspruchsvoller, sondern erfordert auch mehr Zeit.
Die HP-Geräte mit Edgeline-Technologie waren als Konkurrenz zu Kopierern in Firmen gedacht. Sie setzten sich aber aus mehreren Gründen nicht durch. Einer war der von HP gewählte, relativ eingeschränkte und komplizierte Vertriebsweg. Ein anderer die in der Zeit ohnehin zurückgehende Nachfrage nach Geräten dieser Leistungsklasse. Der Ansatz wurde schließlich aufgegeben und mit der Page Wide Technology ein neuer und breiter angelegter Anlauf gestartet.
Ebenfalls mit einem seitenbreiten Druckkopf hat Brother es geschafft, einen Tintenstrahldrucker zu entwickeln, der bis zu 100 Seiten pro Minute ausdruckt. Er wurde im Frühjahr 2012 erstmals vorgestellt und kam dann Ende 2012 in Deutschland auf den Markt. Dabei handelt es sich um die nun als HL-S7000DN angebotenen Modelle, die mit 8,5 Zoll seitenbreiten Druckkopf DIN-A4-Seiten im sogenannten Single-Pass-Verfahren bedrucken.
Brother beschränkt sich in dem Segment allerdings auf den Schwarzweißdruck. Außerdem kostet das Spitzenmodell HL-S7000DN100, das die 100 Seiten tatsächlich schafft, rund 3000 Euro. Für die kleinste Ausführung der Hochleistungsdrucker, die für bis zu 50 Seiten pro Minute ausgelegt ist, liegt die UVP immerhin noch bei gut 2600 Euro. Damit sind sie also deutlich teurer, als das einst von Memjet mit Medion angekündigte Farbgerät. Ein unbestreitbarer Vorteil der Brother-Geräte ist jedoch, dass sie tatsächlich erhältlich sind.
Tipp: Kennen Sie die größten Technik-Flops der IT-Geschichte? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 14 Fragen auf silicon.de