Englischkurs 2.0: Die besten Portale zum Sprachenlernen
Richtig gut Englisch müsste man können. Business Englisch wäre sooo wichtig. Und Französisch hätte auch Vorteile. Müsste, wäre, hätte – mit solchen Stoßseufzern beklagen viele ihre mangelnden Sprachkenntnisse. Doch woher die Zeit nehmen für einen monatelangen und kostspieligen Sprachkurs in einem Fremdspracheninstitut? Zumindest teilweise Abhilfe schaffen sollen E-Learning-Portale im Web. Davon gibt es inzwischen eine ganze Menge.
Nach einer Studie des Branchenverbands Bitkom hat inzwischen schon jeder zweite der 14- bis 44-Jährigen Erfahrungen mit E-Learning vorzuweisen. 54 Prozent der 14- bis 28-Jährigen nutzen E-Learning. Dabei spielen auch Mobilgeräte wie Smartphones, Tablets und E-Book-Reader immer eine immer größere Rolle.
Ein Hauptvorteil des Lernens im Web ist, dass man unabhängig von Ort und Zeit lernen kann. Man lernt, wenn man Zeit und Lust hat, und sei es um elf Uhr nachts. Die Flexibilität ist fast grenzenlos. Da die Lektionen online sind, greift der Lerner auch von unterwegs darauf zu. Viele E-Learning-Portale bieten Vokabellisten oder Grammatikübungen inzwischen auch als App für iOS und Android. So kann man auch ohne Internetverbindung unterwegs Leerzeiten nutzen, um mal schnell ein paar Vokabeln nachzusehen oder Redewendungen zu üben.
Alter Hut im Klassenzimmer
Trotz Web 2.0 und Multimedia – das Sprachenlernen können die E-Learning-Portale auch nicht neu erfinden. Stolz angepriesene Elemente wie Bilder, Videos, Audio oder interaktive Übungen gibt es im klassischen Fremdsprachunterricht schon seit Jahrzehnten. So heißt es beispielsweise beim E-Learning-Anbieter Babbel: “Alle Lerninhalte werden durch Audiomaterial begleitet und mit Bildern verknüpft. Neues prägt sich dauerhaft ein durch eine gezielte Kombination von Lesen, Hören, Zuordnen und Schreiben.” Was hier als aufregende Neuerung der Didaktik erscheint, ist in den Klassenzimmern der Fremdsprachschulen ein alter Hut.
Der entscheidende Vorteil der E-Learning-Angebote ist also nicht unbedingt die überlegene Didaktik, sondern die große Flexibilität beim Lernen – und natürlich der Preis. Bei einigen Anbietern ist man schon mit fünf Euro pro Monat dabei. Auf den folgenden Seiten stellt ITespresso einige empfehlenswerte E-Learning-Plattformen vor.
Babbel
Babbel bietet neben Englisch, Spanisch, Italienisch und Französisch auch eine Reihe weiterer Sprachen wie Portugiesisch, Schwedisch, Türkisch und sogar “Exoten” wie Indonesisch, Polnisch und Norwegisch. Neben den systematisch aufgebauten Kursen gibt es auch Themenkurse, mit denen man direkt in den Wortschatz und die typischen Redewendungen bestimmter Situationen einsteigt. Üblich ist das beispielsweise, wenn man in Urlaub fährt und dafür gezielt bestimmte Vokabeln und Phrasen lernt (Im Restaurant, Im Hotel, Nach dem Weg fragen, etc.).
Wiederholungen einzelner Kapitel oder Themen werden so angesetzt, dass besonders die Lektionen, bei denen der Lerner nicht so gut abgeschnitten hat, besonders berücksichtigt werden. Außerdem sind die Abstände zwischen den Wiederholungen laut Babbel nach lernpsychologischen Erkenntnissen (“spaced repetition”) getaktet. Fortschritte werden in einer Lernstatistik festgehalten.
Babbel unterstützt Smartphones und Tablets wie Apples iPhone und iPad sowie Android-Geräte. Die Mobile-Apps trainieren auch Aussprache mittels Spracherkennung. Wer will, kann online auch in die internationale Community eintauchen.
Für Unternehmen, die ihren Mitarbeitern maßgeschneiderte Kurse spendieren wollen, hat Babbel spezielle Angebote. Wie auch die anderen Online-Portale verlangt Babbel gestaffelte Preise. Ein Monat kostet inklusive Business-Englisch 14,95 Euro. Wer gleich sechs Monate bucht, zahlt nur 8,25 Euro pro Monat.
Hinter Babbel steckt die Berliner Firma Lesson Nine. Die Seite ist seit Januar 2008 online und hat inzwischen nach eigenen Angaben mehr als zehn Millionen Nutzer aus mehr als 190 Ländern.
Busuu
Ein Vorteil des Portals Busuu ist sicherlich die große Auswahl an Sprachen, sowie die große Auswahl an Lernkursen für verschiedene Muttersprachen. Die Sprachkurse gibt es für Lerner, die unter anderem Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch Türkisch, Polnisch, Japanisch oder Russisch als Muttersprache haben. Busuu nutzt alle Möglichkeiten neuer Technik, von Videoclips über die interaktive Gestaltung der Kurse bis hin zu Audiobeispielen für die Aussprache.
Der Lerner bestimmt selbst, wo er einsteigt, welche Themen ihn interessieren und welche Hilfsmittel er nutzt. Am Anfang empfiehlt es sich, einen Einstufungstest zu machen. Der Reisekurs bietet die wichtigsten Redewendungen und Begriffe für den Aufenthalt in dem jeweiligen Land.
Wahlweise kann der Lerner auch PDFs zum Lernen mit den wichtigsten Ausdrücken unterwegs mitnehmen. Sogar das Smartphone lässt sich verwenden. Die Sprachkurse mit Übungen und Wortschatz lassen sich als App auf das Smartphone herunterladen. Unterstützt werden iOS und Android.
Wichtig für Lerner, die eine Sprache hauptsächlich beruflich nutzen: Busuu bietet Business-Lerneinheiten. Diese setzen logischerweise Grundkenntnisse voraus. Darauf aufbauend bietet Busuu Kurse für Mittelstufe und Fortgeschrittene. Die Lerneinheiten konzentrieren sich thematisch auf typische Situationen im Berufsleben, also beispielsweise Telefongespräche, Besprechungen, Präsentationen oder E-Mails. Lerner können sich auch zu Gruppen zusammenschließen und so untereinander kommunizieren.
Als Kooperationspartner nennt Busuu die renommierten Lexikon-und Fremdsprachenverlage Pons, Collins und Macmillan Dictionary. Eine Premium-Mitgliedschaft kostet 70 Euro im Jahr.
Dalango
Auch bei Dalango steht das Medium Video im Mittelpunkt. Die Clips werden durch Übungen und Grammatikerklärungen ergänzt. Laut Anbieter sind mehr als 800 Videos verfügbar. Sie zeigen Alltagssituationen, wie sie auch in klassischen Lehrbüchern thematisiert werden, beispielsweise die Bestellung im Restaurant. Synchron zum Video laufen Untertitel, die den jeweiligen Dialog als Text darstellen. Wer ein Wort nicht versteht, klickt darauf und bekommt eine Übersetzung des Online-Wörterbuchs Leo angezeigt.
Die Videos sind sehr gut nach Situationen sortiert. Zu jedem Video kann man sich auch die darin vorkommenden Grammatiklektionen wie etwa englische Präpositionen anzeigen lassen. Umgekehrt kann man auch ausgehend von bestimmten Grammatiklektionen passende Videos abspielen lassen. Außerdem werden eine Reihe von Grammatikthemen in einem eigenen Video erklärt.
Die Lernvideos gibt es in Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Business-Englisch fehlt auch nicht. Hierfür stehen 150 Lernvideos zur Verfügung.
Dalango kostet 15 Euro pro Monat bei einer Abo-Laufzeit von 12 Monaten. Zum Ausprobieren kann man das Angebot sieben Tage lang testen. Außerdem werden die ersten 20 Sekunden der Videos auch ohne Anmeldung angezeigt. Die Basis-Mitgliedschaft ist kostenlos. Hier gibt es aber nur zehn Videos. Immerhin kann man alle Grammatiklektionen abrufen.
Dalango ist seit Dezember 2008 online und gehört zum Spotlight Verlag. Der Verlag gibt beispielsweise auch das bekannte Magazin Spotlight heraus, ein “Lifestyle-Magazin” für E-Learner.
Lingorilla
Spanisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und natürlich Englisch, inklusive Business-Englisch, das sind die Sprachen die man auf Lingorilla erlernen kann. Natürlich stehen auch hier Videos im Mittelpunkt. Diese bieten meistens eine Spielhandlung, die aber mit Übungen wie beispielsweise Lückentexte oder Quiz-Aufgaben verknüpft sind. Zum besseren Verständnis kann man sich Untertitel in die Videos einblenden lassen oder ein Wörterbuch aufrufen. Extra-Lernmaterial ist als Download verfügbar. Der Englisch-Anfängerkurs besteht aus 21 Lektionen mit ungefähr 500 Übungen.
Bei der Auswahl der Videos kann der Anwender die Schwierigkeitsstufen der damit verbundenen Übungen ganz ähnlich wie bei einem klassischen Sprachkurs genau einstellen. Die Lerner-Community kommt angeblich aus mehr als 100 Ländern. Bei den begleitenden Übungen greift Lingorilla auf Lernmaterial des Cornelsen Verlags zurück.
Papagei.com
Papagei.com bietet Englisch, Spanisch und Französisch für deutsche Muttersprachler sowie Deutsch für Personen mit Russische und Türkisch als Muttersprache. Das Sprachlernportal ist ganz auf Videos eingestellt. Teil des Online-Kurses sind auch Wortschatz- und Ausspracheübungen. Für die Ausspracheübungen benötigt der Anwender natürlich Headset mit Mikrofon, die Aussprache wird analysiert und bewertet.
Nach der Wahl der Sprache wählt man einen Videokurs der Schwierigkeitsgrade “leicht”, “mittel” oder “schwierig”. Zusätzlich sollte man aber auch den Einstufungstest absolvieren.
Das Sprachtraining ist weniger nach fortschreitenden Grammatiklektionen unterteilt, sondern eher locker thematisch sortiert. So gibt es beispielsweise Videos über britische Teetrinker oder die spanische Lebensart. Bei den Videos sind an einzelnen Stellen Marker gesetzt, so dass der Nutzer zu bestimmten Stellen springen kann, beispielsweise um gezielt einzelne Redewendungen anzuhören.
Insgesamt bietet das Portal mehr als 5000 Videobeiträge und schmückt sich daher mit dem Titel “Europas größtes Video-Sprachlernportal“. Zwar steht das Medium Video im Mittelpunkt, trotzdem bietet die Seite auch Übungen für Aussprache oder Wortschatz.
Dafür muss man allerdings Premium-Nutzer sein. Je nach Länge des Abos gibt es hierfür gestaffelte Preise. Wer sich für mindestens drei Monate anmeldet, zahlt nur 3,99 Euro. Für 90 Tage kostet es 4,99 und für 30 Tage sind 5,99 Euro fällig.
Auch bei Papagei sind renommierte Partner an Bord. Neben Pons werden beispielsweise die New York Times, die Nachrichtenagentur Reuters oder Oxford University Press auf der Webseite genannt.
Yabla
Yabla konzentriert sich ganz auf Videos und verzichtet weitgehend auf herkömmliches Unterrichtsmaterial wie Grammatik-Tabellen oder Vokabellisten. Dahinter steckt die Auffassung, dass die “Immersion”, also das völlige Eintauchen in eine Sprachwelt, am Ende bessere Lernerfolge bringt als stures Pauken des Wortschatzes.
Allerdings beschränkt sich Yabla keineswegs darauf, Videos wiederzugeben. Die Gespräche im Videoclip werden in einem Fenster unter dem Videoclip transkribiert, so dass der Lerner bequem mitlesen kann. Zugleich wird unter der Transkription auch eine deutsche Übersetzung angezeigt. Will der Lerner mehr über einen Begriff wissen, klickt er darauf. Im Fenster rechts tauchen dann Übersetzungen, Synonyme und gegebenenfalls landeskundliche Hinweise auf. Angeklickte Wörter erscheinen später in einer persönlichen Vokabelliste.
Außerdem sind die Videos mit einem Spiel verknüpft, bei dem man ein Wort, das in der Tonspur des Videos gelöscht wurde, eintippen muss. Mit dieser Methode eignet sich Yabla gut als Ergänzung zu einem der eher systematisch aufgebauten Online-Kurse. Wer die Funktionsweise ausprobieren will, sieht sich eines oder alle der insgesamt sechs Demovideos an. Für registrierte Nutzer stehen insgesamt 600 Lernvideos zur Verfügung.
Fazit: Ohne Arbeit geht es nicht
Bei aller Euphorie über die Möglichkeiten der Online-Portale darf nicht vergessen werden, dass es drei Dinge gibt, die auch das beste Portal nicht kann. Es kann einen engagierten Lehrer nicht ersetzen, der individuell auf die Schüler eingeht. Es kann den Spaß und die Atmosphäre des gemeinsamen Lernens im Klassenzimmer nicht ersetzen. Und es kann die Mühen des eigenen Lernens nicht abnehmen.
Alle Sprachlernportale versuchen diese Mühen durch einfache Bedienoberflächen, viele Fotos und freundliche Farben zu lindern. Doch wer beispielsweise Business-Englisch oder Spanisch für Fortgeschrittene wirklich gut beherrschen will, muss auch online eine Menge Zeit und Konzentration investieren. E-Learning kommt eben von Lernen. Sicher ist aber eines: Wer sich die Zeit nimmt, eine Sprache gut zu lernen, wird es nicht bereuen.
Checkliste E-Learning-Portale
Wer sich abseits der hier genannten Anbieter ein E-Learning-Portal genauer ansehen will, sollte zuerst ein paar Punkte überprüfen. Je mehr der nachfolgend genannten Kriterien erfüllt sind, desto besser.
• Gibt es kostenlose Demovideos? Kann man sich Probelektionen ansehen? Ohne eine solche Demo sollte man kein Abo abschließen.
• Wie aktuell und zeitgemäß sind die Videos und der vermittelte Wortschatz. Ein guter Indikator für Aktualität ist, ob moderne Technikprodukte und entsprechende Vokabeln wie Smartphone oder Notebook auftauchen.
• Gibt es einen differenzierten Einstufungstest?
• Kann der Lerner die Lerninhalte individuell festlegen und steuern?
• Werden Lerninhalte im Kursfortgang systematisch und sinnvoll wiederholt? Nur Genies lernen ohne Wiederholung.
• Kann man den Wortschatz separat nachschlagen?
• Bietet das Portal ausführliche Grammatik-Erklärungen? Grammatik ist zwar immer etwas trocken, für das Verständnis einer Sprache aber unabdingbar.
• Gibt es eine Fortschrittskontrolle?
• Wie gut sind die Videos inhaltlich strukturiert, wie eng und sinnvoll sind sie mit Übungen verknüpft?
• Wie vielfältig und abwechslungsreich sind die Übungen? Immer nur Lückentext wird schnell langweilig.
• Gibt es Extramaterialien zum Download? Das ist praktisch, wenn man auch mal unterwegs oder offline Vokabeln wiederholen oder Grammatik lernen will.
• Werden bestimmte Lerninhalte auch als App für Smartphones und Tablets angeboten? Gerade unterwegs in Bus und Bahn leistet eine App mit Vokabelübungen oder Konjugationstabellen gute Dienste.
• Arbeitet der Anbieter mit renommierten Nachschlagewerken oder Fremdsprachenverlagen zusammen? Das ist ein Indiz für fachlich einwandfreies Lernmaterial und eine gewisse Mindestqualität bei Aufbau und Didaktik.
• Gibt es die Möglichkeit, Onlinekontakt mit Tutoren oder Sprachexperten aufzunehmen, beispielsweise über eine Chat-Funktion? Bietet das Portal eine Online-Community, in der man sich mit anderen Schülern austauschen kann?
• Orientiert sich der Online-Kurs an anerkannten europäischen Sprachzertifikaten?
• Last but not least: Wie schnell und zuverlässig ist der Server des Anbieters? Lassen sich die Videos und Inhalte auch in typischen Stoßzeiten schnell aufrufen? Lernen macht keinen Spaß, wenn man bei jedem Umblättern zur nächsten Quiz-Frage warten muss oder das Video ständig hängt.