Urteil des EuGH: ISPs dürfen bei Piraterieverdacht Kundendaten weitergeben
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass nach europäischem Recht Internet Service Provider (ISP) in Schweden bei Piraterieverdacht dazu gezwungen werden können, Daten ihrer Kunden an Rechteinhaber zu übergeben. Dei Richter sehen darin keinen Verstoß gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten und die EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Das berichtet TorrentFreak unter Berufung auf ein gestern veröffentlichtes Urteil des EuGH.
Auslöser war eine 2009 von fünf Verlagen eingereichte Klage gegen den Internetanbieter ePhone. Dabei ging es um einen Kunden des Unternehmens, der angeblich mehr als 2000 Hörbücher auf einem FTP-Server vorgehalten haben soll, von denen 27 die Rechte der Verleger verletzten. In erster Instanz wurde ePhone verurteilt, die verlangten Informationen zur Verfügung zu stellen. Ein Berufungsgericht hob die Entscheidung später auf. Das oberste schwedische Gericht wandte sich schließlich an den EuGH.
Dessen Entscheidung bedeutet nun nicht nur, dass eine Herausgabe von Daten eines unter Piraterieverdacht stehenden Internetnutzers nicht gegen europäisches Recht verstößt. Das Gericht bestätigte auch, dass schwedische Gesetze angemessen zwischen den Urheberrechten von Herausgebern und dem Recht auf Schutz der Privatsphäre eines Nutzers abwägen.
Seit Prozessbeginn hatten beide Streitparteien darüber diskutiert, ob die Weitergabe von zu IP-Adressen gehörenden Daten wie Namen und Anschriften von Nutzern an Rechteinhaber unter dem 2009 verabschiedeten Antipirateriegesetz IPRED rechtmäßig ist. Dem Gesetz zufolge muss in Schweden vor einer Übermittlung ein Gericht über jeden Einzelfall entscheiden.
Der EuGH hat den Fall wieder an die schwedische Justiz zurückgegeben. Das oberste Gericht des Landes muss sich nun abschließend mit dem Fall befassen und ein Urteil fällen. TorrentFreak zufolge ist noch unklar, ob die Verlage, sollten sie die Adressdaten des Anschlussinhabers erhalten, auch eine zivilrechtliche Klage anstrengen werden. Die Entwicklung des Falls werde aber auch von der Musik- und Filmindustrie genau beobachtet, da dadurch ihre Position bei künftigen Urheberrechtsklagen geklärt werde. In Deutschland warten dieselben Akteure gespannt auf das Urteil des Landgerischts Hamburg im Streit zwischen YouTube und der GEMA, das heute bekannt gegeben werden soll.
[mit Material von Don Reisinger, News.com]
(Bild links oben: arahan – Fotolia.com)